Fiesta ohne Firlefanz: So will Ford Pluspunkte bei Pfennigfuchsern sammeln
Nüchtern statt nobel und billig statt bunt: Ford hört auf mit dem Wettrüsten im Reich der Zwerge und traut sich einen Kleinwagen ohne große Allüren: Wenn die Kölner im Oktober als Nachfolger des noch vom Fiat 500 abgeleiteten Ka den selbst entwickelten Ka+ auf den Markt bringen, wollen sie deshalb nicht mit Lifestyle verführen, sondern allein mit Preis und Platz überzeugen. So wird aus dem farbenfrohen Floh für die Stadt ein alltagstauglicher Pragmatiker, der bei einem Grundpreis von 9 900 Euro und einer Länge von knapp vier Metern vor allem viel Auto fürs Geld bieten will.
Das größte Plus am neuen Ka, der als Weltauto konzipiert wurde und aus Indien nach Europa kommt, ist deshalb sein üppiges Platzangebot. Nur drei Zentimeter kürzer, dafür aber etwas höher als der Fiesta und neuerdings ausschließlich mit vier Türen, können bei 2,49 Metern Radstand in beiden Reihen selbst Erwachsene ordentlich sitzen. Und hinter der großen Klappe gibt es immerhin 270 Liter Kofferraum, die allerdings schwer zugänglich sind. Denn einen Griff zum Öffnen der Klappe haben die Kölner irgendwie vergessen oder eingespart, so dass man erst den Schlüssel aus der Tasche friemeln oder einen Knopf im Cockpit drücken muss.
Dabei waren die Entwickler sonst ziemlich clever und haben sich zum Beispiel bis zu 21 Ablagen ausgedacht, von denen vor allem zwei ins Auge stechen: Da ist zum einen das Handyfach rechts oberhalb des Lenkrads, das nicht nur eine USB-Buchse zum Laden hat, sondern auch einen speziellen Deckel, mit dem man das Smartphone etwa zum Navigieren sicher festklemmen kann. Und da ist zum anderen das Geheimfach links vom Lenkrad, das man nur bei geöffneter Fahrertür erreichen kann. Wertsachen sind dort vor neugierigen Blicken und allzu schnellem Zugriff entsprechend gut geschützt.
Während der Ka+ außen noch halbwegs schnittig und schwungvoll daherkommt, atmet er innen die muffige Sachlichkeit deutscher Amtsstuben. Ja, es gibt anders als auf den Ursprungsmärkten in Südamerika oder Indien ein Lederlenkrad, das Hartplastik glänzt nicht ganz so billig, als Oasen der Wertigkeit funkeln ein paar handverlesene Chrom-Applikationen aus der Kunststoffwüste und die Sitze sind bequemer. Doch grau in grau wirkt das Ambiente eher trist, die Schalter sind vergleichsweise grobschlächtig, der Bordcomputer erinnert an die erste Generation des Gameboys und das winzige Monochrom-Display tief in seiner weit oben ins Cockpit geschnittenen Höhle entführt den Fahrer in die Steinzeit des Infotainments. Das können andere Kleinwagen deutlich besser.
Außerdem ist die Ausstattung, nu ja, zumindest ungewöhnlich. So gehören zwar sechs Airbags und der Tempolimiter zur Serie und gegen Aufpreis gibt es zum Beispiel Extras wie eine Sitzheizung, die Klimaanlage oder den Zündschlüssel, mit dem man etwa für den Nachwuchs das Tempo limitieren kann. Doch ein Navigationssystem gibt es nicht für Geld und gute Worte, genauso wenig wie eine Längsverstellung fürs Lenkrad, eine Rückfahrkamera oder eine Start-Stopp-Funktion. Selbst Parkpiepser hat Ford für den Stadtflitzer nur hinten im Programm.
Auch unter der Haube ist Schmalhans Küchenmeister und es gibt nur einen Motor: Einen Vierzylinder-Sauger mit 1,1 Litern Hubraum. Allerdings wird der Benziner in zwei Leistungsstufen mit 70 oder 85 PS angeboten. Obwohl der Ka+ nur rund eine Tonne wiegt und bei dem antiquierten Fünfgang-Getriebe hohe Drehzahlen vorprogrammiert sind, darf man selbst von der stärkeren Variante keine Wunder erwarten. Sondern man braucht Geduld und einen langen Atem, wenn man mit 112 Nm in 13,3 Sekunden auf Tempo 100 zuckelt und ein dickes Fell, wenn man sich mit maximal 169 km/h auf die Autobahn traut.
Wenn der Kleine allerdings mal in Fahrt ist, dann macht er sogar überraschend großen Spaß. Während der alte Italo-Ka auf Fiat-Basis nicht gerade ein Pulsbeschleuniger war, nutzt der neue Ka+ schließlich die Architektur des Fiesta und fährt entsprechend knackig. Trotz des höheren Schwerpunkts schneidet er deshalb flott durch die Kurven, die direkter abgestimmte Lenkung hält sauber Kurs, und auch wenn das Fahrwerk vor allem auf Komfort und Kompromisse aus ist, fühlt man sich der Straße eng verbunden.
Genau wie bei der Abstimmung haben sich die Kölner auch bei der Akustik noch einmal besonders ins Zeug gelegt. Der Motor ist dichter gekapselt, mit vielen kleinen Tricks wie einem Windabweiser am Spiegelfuß drücken sie die Fahrgeräusche und nachdem sie die Türen besser gedämmt und die Schlösser überarbeitet haben, machen sie jetzt beim schwungvollen Schließen ein richtig sattes Geräusch. „Nur weil der Wagen wenig kostet, soll er schließlich nicht billig wirken“, rechtfertigt Projektleiter Darrel Palmer den hohen Aufwand.
Eher praktisch als pfiffig und lieber billig als bunt – mit dem neuen Zuschnitt meldet Ford den Ka zwar aus der Lifestyle-Liga ab und beschränkt sich mit Blick auf den Preis auf das, was wirklich nötig ist. Die Wettbewerber heißen dann nicht mehr Mini, Smart oder Opel Adam, sondern Hyundai i10, Kia Rio oder Opel Karl. Doch haben es die Kölner deshalb noch lange nicht verlernt, wie man einen modischen Mini mit Flair und Finesse baut. Das wollen sie spätestens im Frühjahr beweisen, wenn der nächste Fiesta kommt: Frisch, frech, vornehm – und mit jeder Menge Firlefanz.