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Pepp statt Pampers: So streift der neue Scénic das staubige Image der langweiligen Familienkutsche ab

Published in motosound.de

Nur weil man kleine Kinder hat, muss der Spaß am Leben doch nicht gleich vorbei sein. Und man muss auch kein langweiliges Auto fahren – das ist das Credo, nach dem Laurens van den Acker die vierte Generation des Renaults Scénic gezeichnet hat. Mit serienmäßigen 20-Zoll-Rädern, einem Charaktergesicht und der Option auf eine markante Zweifarbenlackierung streift der Van deshalb das staubige Image des langweiligen Pampersbombers ab und stemmt sich so zugleich gegen die Flut der SUV, die seiner Gattung das Leben so schwer machen. Wie viel Erfolg er dabei hat, wird man ab Mitte September merken, wenn die Franzosen zu Preisen ab 19 990 Euro mit der Auslieferung beginnen.

Aber der Scénic hat nicht nur die Form geändert, sondern auch das Format. Die Neuauflage legt in Radstand, Länge und Breite um jeweils ein paar Zentimeter zu. Auf nun 4,41 Metern bietet sie deshalb jetzt auch im Fond genügend Platz für Erwachsene und schluckt durch die leider nur manuell zu öffnenden Heckklappe  zwischen 506 und 1 554 Liter Gepäck. Wem das nicht reicht, der bekommt für 1 300 Euro Aufpreis auch wieder einen Grand Scénic. Der geht noch einmal um etwa 25 Zentimeter in die Länge, sein Kofferraum wächst bei voller Bestuhlung um 212 bzw. 347 auf 718 und 1 901 Liter und im Heck ist plötzlich so viel Platz, dass man auf Wunsch auch eine dritte Sitzreihe aus dem Boden zaubern kann. Dumm nur, dass die Luft damit für den fast 8 000 Euro teureren Espace ziemlich dünn wird.

Wie jeder Van setzt auch der Scénic nicht nur auf den großen Raum, sondern vor allem auf die pfiffigen Kleinigkeiten. Es gibt deshalb neben der Variablen Sitzlandschaft mit einer zweiten Reihe, die man nun noch leichter umklappen und um etwa 20 Zentimeter verschieben kann, bald ein Dutzend Ablagen, von denen eine cleverer ist als die andere. So wird aus dem Handschuhfach zum Beispiel eine riesige Schublade, die Mittelkonsole kann man einmal längs durch den Wagen schieben und weil der Nachwuchs das Malbuch längst gegen ein iPad ausgetauscht hat, sind in den Klapptischen im Fond nun auch Halterungen für Tablet-Computer integriert. Dazu gibt es für den Fahrer ein neues Cockpit, wie er es schon aus Mégane oder Espace kennt: Die digitalen Anzeigen rücken endlich wieder hinter das Lenkrad und in der Mittelkonsole steht senkrecht ein großer Touchscreen, der so viele Funktionen bündelt, dass man sonst nicht mehr viele Knöpfe und Taster im Armaturenbrett braucht.

In der ersten Welle kommt der Scénic mit zwei Benzin- und drei Diesel-Motoren mit 110 bis 160 PS, die wie immer bei den jüngeren Renault-Modellen dem Ideal vom Downsizing folgen und deshalb nicht mehr als 1,6 Liter Hubraum haben. Wo diese Triebwerke im großen Bruder Espace gerne ein bisschen angestrengt wirken und deshalb einen schalen Beigeschmack hinterlassen, fühlt man sich im Scénic damit noch gut aufgehoben. Insbesondere der 130 PS-Diesel macht eine ordentliche Figur, passt mit seiner unaufdringlichen Art gut zum entspannten Reisen und hat mit 320 Nm genügend Bums für spontane Überholvorgänge.

Aber selbst wenn man die Multisense-Regelung auf Sport dreht, sich die Lenkung etwas direkter anfühlt, das Gaspedal ein wenig gieriger wird, die Sitzmassage automatisch nachlässt und die Cockpitbeleuchtung auf Rot wechselt, darf man sich nicht täuschen lassen: Ein Van ist und bleibt ein zutiefst vernünftiges und für den Fahrer deshalb ziemlich langweiliges Auto. Die Federung gutmütig und kompromissbereit, die Lenkung linientreu aber lustlos und die Fahrleistungen mit einem Sprintwert von 11,4 Sekunden und einem Spitzentempo von 194 km/h nicht zur Steiergung des Blutdrucks angetan – im Scénic sitzt man nicht um des Fahrens willen, sondern um anzukommen.

Aber dafür ist man am Ende der Reise auch so entspannt, dass man das Leben am Ziel tatsächlich genießen kann. Nur weil man Kinder hat, ist der Spaß schließlich nicht vorbei.