Denken und Lenken: So wird der Mazda6 zum linientreuen Leisetreter
Mazda poliert sein Flaggschiff und damit zugleich sein Image als schlauer Sonderling. Denn wo sich die meisten anderen Asiaten bei einem Facelift auf die übliche Kosmetik und ein bisschen mehr Ausstattung beschränken, präsentiert der kleinste unter den großen Japanern im überarbeiteten Sechser jetzt mal wieder eine unkonventionelle Technologie großer Wirkung: Die G-Vectoring-Control. Mit einem klitzekleinen, kaum merklichen Eingriff sorgt sie für ein spürbar souveräneres Fahrverhalten und wird so zum herausragenden Merkmal der Mitteklasse-Baureihe, die Mitte des Monats zu identischen Preisen ab 25 690 Euro als Limousine und als Kombi in den Handel kommt.
G-Vectoring-Control zielt vor allem auf mehr Ruhe bei Kurvenfahrten. Dafür nehmen die Japaner beim Einlenken für ein paar Sekundenbruchteile das Motordrehmoment zurück, erhöhen so die Last auf dem vorderen, äußeren Rad und mit ihr die Seitenführungskraft. Zugleich wird der Übergang zwischen den Roll-, Nick- und Drehbewegungen beim Einlenken, Beschleunigen und Bremsen geglättet. Ohne dass man den nur 50 Millisekunden währenden Eingriff spüren würde, fühlt sich der Sechser damit gelassener, ruhiger und stabiler an: Man muss nicht mehr so oft nachkorrigieren, kann auch auf unebenen Straßen sauberer seinen Kurs halten und versteht immer mehr, was die Japaner mit ihrem schrulligen Jinba Ittai, der Einheit von Ross und Reiter, meinen: Ein ausgesprochen natürliches, direktes und zugleich vorhersehbares Fahrgefühl, das Lust auf mehr macht. Von der G-Vectoring Control profitiert allerdings nicht nur der Fahrer: Weil die Technologie die Wankbewegungen reduziert und den gesamten Aufbau stabilisiert, wird die Tour auch für die Passagiere angenehmer. Erst recht, wenn man hinter dem Lenkrad plötzlich die Freude am Fahren entdeckt.
Zwar sind die Japaner zu Recht stolz auf das System. Zumal es so simpel ist, dass sie es ohne Aufpreis anbieten und flott für weitere Modelle übernehmen können. Doch es gibt noch einen weitere Grund, weshalb sie darüber so viele Worte machen: Viel mehr Neues haben sie beim Sechser nämlich auch nicht zu vermelden.
Denn das Design wirkt noch immer so frisch und für ein Asien-Modell so frech, dass sie davon dankenswerter weise die Finger gelassen haben. Und auch unter der Haube haben sie nichts Neues zu bieten. Sondern es bleibt bei den drei Benzinern von 2,0 oder 2,5 Litern Hubraum mit 145 bis 192 PS und den beiden Dieseln, die aus 2,2 Litern 150 oder 175 PS schöpfen. Dass sich vor allem die Diesel trotzdem irgendwie anders anfühlen, liegt weniger an den Treibwerken selbst als am Sound, der mit elektronischer Unterstützung nun deutlich dezenter und weniger rau klingt.
Den größten Unterschied zum bisherigen Modell registriert man deshalb im Cockpit, wo der Blick in neue Instrumente mit einem größeren Bildschirm und ein Head-Up-Display mit neuen Zusatzinformationen wie dem aktuellen Tempolimit fällt. Die Hände schießen sich um ein ergonomischeres und nun erstmals auch beheiztes Lenkrad und die Finger schmeicheln ein paar Schalter, die sich jetzt nicht mehr ganz so billig anfühlen.
Ein Detail haben die Japaner beim Update allerdings wieder vergessen und zwar ausgerechnet beim Kombi, der mit seiner schlanken Silhouette und seine üppigen Kofferraum von 522 bis 1 648 Litern in Deutschland nicht umsonst auf fast 90 Prozent Zulassungsanteil kommt. Denn wo bei der Konkurrenz längst ein angedeuteter Fußtritt genügt, um die Klappe zu öffnen, sucht man bei Mazda selbst die elektrische Steuerung der Ladeluke vergebens. Dabei haben die Entwickler so viel Intelligenz für das G-Vectoring-System ins Auto gebaut, dass es an den paar Bits und Bytes nun wirklich nicht scheitern sollte.