Auf den Schwingen des Erfolges: Mit diesem Flügeltürer träumt sich Maybach in die Zukunft
Das erste Comeback war ein grandioser Flop. Doch kaum waren Maybach 57 und 62 vergessen, hat Mercedes einen neuen Anlauf genommen und die luxuriöse Schwester vor zwei Jahren ein weiteres Mal ans Licht gezerrt. Und seit das doppelte „M“ die Spitzenversionen der S-Klasse ziert, kommen die Schwaben mit der Produktion mehr hinterher.
Mit allein in China 500 Verkäufen pro Monat ist die neue Submarke ist so erfolgreich, dass die Verantwortlichen schon wieder von eigenständigen Modellen träumen. Und Designchef Gorden Wagener lässt sich nicht zweimal bitten, diesen Träumen eine Gestalt zu geben: Zum Concours d’Elegance in Pebble Beach hat er deshalb jetzt das Tuch von einer faszinierenden Studie gezogen, die der Marke den Weg in eine glorreiche Zukunft ebnen soll: Die „Vision Mercedes-Maybach 6“
Stand Maybach zuletzt immer für luxuriöse Limousinen, hat Wagener diesmal eine sportlichere Form gewählt und ein ultra-cooles Coupé auf die Räder gestellt: Mit fast sechs Metern – daher der Name – schier endlos lang, gertenschlank und durchtrainiert, mit einem Stromlinienheck aus dem Yachtbau, mit einer fesselnden LED-Illumination und wie es sich für einen Traumwagen aus Stuttgart gehört natürlich mit Flügeltüren, stielt das Schaustück auf dem Green vor der Pazifikküste allen anderen Autos die Show.
Als wäre die Karosserie noch nicht spektakulär genug, hat Wagener auch die Kabine atemberaubend gestaltet. Wenn die Flügeltüren aufklappen, dann soll den potentiellen Kunden auch die Kinnlade herunter klappen, sagt Wagener und malt seine Vision in bunten Farben: Man sitzt deshalb in einer Lederlounge, in deren Polster Bodysensoren automatisch das Wohlbefinden regeln, man blickt auf ein Cockpit, das sich mit einem einzigen Display von Tür zu Tür spannt, und man staunt über eine Frontscheibe, die bei Bedarf zu einem riesigen Bildschirm wird, auf dem man die Inhalte für Navigation und Infotainment mit Gesten- und Blicksteuerung nahezu beliebig aufrufen und anordnen kann.
Das einzig Vertraute in dieser futuristischen Interpretation eines Armaturenbretts sind die analogen Zeiger der digital animierten Instrumente – und das Lenkrad. Denn Wagener ist davon überzeugt, dass Fahren irgendwann zum wahren Luxus wird, wenn alle anderen Autos autonom unterwegs sind. Und wenn unter dem Blech 750 PS locken, die den Maybach 6 in weniger als vier Sekunden auf Tempo 100 katapultieren und danach bis 250 km/h beschleunigen – wer möchte da nicht selbst ins Steuer greifen und den natürlich trotzdem serienmäßigen Autopiloten mal in die Pause schicken?
Fast sechs Meter Platz für vier Passagiere – viel verschwenderischer kann man mit der Verkehrsfläche kaum umgehen. Dass der Maybach trotzdem ein politisch halbwegs korrektes Auto ist, verdankt er seinem Antrieb. Denn auch wenn die Luxusliner im Zeichen des doppelten M traditionell auf zwölf Zylinder abonniert sind, surren an Bord der Studie zeitgemäße Elektromotoren. Vier Stromer mit zusammen 750 PS haben die Ingenieure angedacht und dazu einen Lithium-Ionen-Akku neuerster Generation. Der speichert nicht nur induktiv den Strom für mehr als 500 Kilometer. Sondern er hat auch eine neue Schnellladefunktion, mit der man die Energie für 100 Kilometer binnen fünf Sekunden „nachtanken“ kann.
Dass Wagener den Maybach 6 ausgerechnet in Pebble Beach enthüllt und nicht auf irgendeiner schnöden Automesse hat vor allem zwei Gründe: Zum einen hat sich der Designchef bei seinen Juroren-Jobs just hier beim Concours d’Elegance von den vielen Art-Deco-Sportwagen aus den Dreißigern zu dem futuristischen Streamliner inspirieren lassen. Und zum anderen hätte das Publikum hier genügend Geld, um ein Auto wie den Maybach 6 aus der Portokasse zu bezahlen. Zumindest in der Theorie. In der Praxis dagegen wird dieser Traumwagen selbst für die Reichsten der Reichen auf ewig ein Traum bleiben. Denn auch wenn Wagener zumindest dem Grill sehr zügige Serienchancen einräumt und sich von der Studie zum Beispiel für das nächste S-Klasse Coupé inspirieren lassen will, schließt er eine direkte Serienumsetzung des Maybach 6 aus – egal wie viele Millionen ihm dafür in Pebble Beach geboten werden.