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Dampframme im feinen Zwirn: So macht Audi dem Diesel noch mal richtig Beine

Published in motosound.de

Audi SQ7

Zugegeben es gibt bessere Zeiten für die Premiere einer neuen Diesel-Technologie. Erst recht bei einer Marke des VW-Konzerns. Doch Audi lässt sich von all den Diskussionen um die Schummel-Software nicht bange machen und treibt die Entwicklung des Selbstzünders mehr als 25 Jahre nach dem Debüt des TDI-Motors jetzt noch einmal auf die Spitze. Denn wenn im Sommer zu Preisen ab 89 900 Euro der SQ7 an den Start geht, dann ist das nicht nur das erste S-Modell für das vornehme Dickschiff und zugleich der stärkste Diesel in diesem Segment. Sondern dann gibt dort auch zum ersten Mal ein elektrischer Verdichter seinen Einstand und macht das Turboloch endgültig vergessen. „Damit untermauern wir einmal mehr unseren Anspruch „Vorsprung durch Technik““, sagt Entwicklungsvorstand Stefan Knirsch und freut sich über einen Antritt, den man so spontan bei einem Diesel noch nicht erlebt hat. Wäre da nicht der obligatorische Allradantrieb – der SQ7 würde wahrscheinlich an jeder Ampel mit quietschenden Reifen starten und dicke schwarze Streifen in den Asphalt brennen, so einen Elan entwickelt er der Kraftmeier beim Kickdown.

Audi SQ7

Audi SQ7

Die Basis für diesen Kraftakt bildet ein V8-Motor mit vier Litern Hubraum, der sich mit 435 PS und 900 Nm an die Spitze des Feldes setzt. Während der Achtzylinder-Diesel überall sonst am Aussterben ist, hat Audi den Motor noch einmal weitgehend neu entwickelt und ihn mit einem dritten Lader in die Zukunft katapultiert. Denn das dieses wunderbar lüstern pochende Herz eines Bären den mehr als zwei Tonnen schweren Geländewagen tatsächlich in 4,8 Sekunden auf Tempo 100 wuchtet und sein irrwitziges Drehmoment bereits kurz jenseits des Standgases zum lustvollen Einsatz bringt, liegt vor allem am neuen Verdichter, der den beiden konventionellen Turbos vorgeschaltet ist. Binnen 250 Millisekunden bringt ein Elektromotor das Turbinenrad des Laders auf 70 000 Touren und baut schneller Druck auf, als der Fahrer den Begriff „Turboloch“ überhaupt buchstabieren kann. Diese gewisse Trägheit beim Anfahren und die kleine Gedenksekunde kurz davor sind damit endgültig vorbei und vergessen. Hinweggespült von einer Welle an Kraft, die sich auf ausgesprochen kultivierte Art und Weise Bahn bricht. Denn auch wenn der SQ7 einen Punch entwickelt wie ein Preisboxer auf der Kirmes, bleibt er doch stets ein Gentleman. Peinlichkeiten wie die brüllenden Fehlzündungen manch anderer Sportwagen verkneift sich das heimliche Flaggschiff der Bayern deshalb genauso wie eine allzu dick aufgetragene Kriegsbemalung: Ein neuer Kühlergrill, ein paar stärker betonte Schweller und die geänderte Heckschürze mit den viereckigen Endrohren müssen als Insignien der Kraft genügen. Und alles andere sieht man dann schon, wenn der Fahrer aufs Gas steigt.

Zwar reklamiert Audi für den Motor ein hohes Maß an Effizienz. Und gemessen an Format und Fahrleistungen sind die bestenfalls 7,2 Liter vom Prüfstand auch kein schlechter Wert. Doch so richtig trauen mögen die Bayern diesem Wert offenbar selber nicht. Nicht umsonst gehört zum rund 10 000 Euro schweren Ausstattungspaket des SQ7 neben LED-Scheinwerfern und elektrischen Sportsitzen auch ein XL-Tank mit 85 Litern.

Audi SQ7

Audi SQ7

Für den Einsatz des elektrischen Verdichters musste Audi allerdings die Spannung im Bordnetz anheben: Weil der E-Turbo so viel Energie benötigt, gibt es neben der 12-Volt-Versorgung nun ein zweites Netz mit 48 Volt aus einer Lithium-Ionen-Zelle im Kofferraumboden. Diese zusätzliche Stromversorgung nutzt Audi gleich für eine weitere Technologiepremiere. Denn jetzt, wo genügend Spannung zur Verfügung steht, können die Herren der Ringe auch die elektrische Wankstabilisierung aus dem feinen Q7-Bruder Bentley Bentayga übernehmen. Dreimal schneller als hydraulische Systeme, passen sich die Stellmotoren an den Stabilisatoren damit der Kurvenneigung an, drücken das kurveninnere Rad fester auf de Straße und die Karosserie in de Höhe und halten das Dickschiff so auch beim scharfen Tanz sicher in der Spur. Der Q7 neigt sich spürbar weniger zur Seite, die Querkräfte werden größer und man kommt einfach schneller ums Eck, umschreibt Projektleiter Klaus Bugelnig die Wirkung der Technologie. Aber man muss kein Ingenieur sein, um das zu verstehen. Sondern man muss den Q7 einfach nur über eine einsame Bergstraße prügeln, dann spürt man schon, dass sich das Fünf-Meter-Auto plötzlich eher nach Q5 anfühlt als wie nach Q7.  Erst recht, wenn man auch noch das Sport-Differential bestellt und zum ersten mal in einem SUV von Audi die Vorzüge des Torque Vectorings erfahren kann.

Fürs erste hat Audi die Q7-Palette mit dem S-Modell zwar ausgereizt. Und als nächstes jetzt erst einmal der elektrische Q6 auf dem Programm. Doch so ganz zu Ende geträumt ist der Traum vom Aufstieg für den Bullen aus Bayern noch nicht. Denn wenn der W12-Motor in den Bentley Bentayga passt, dann müsste es mit dem Teufel zugehen, wenn der nicht auch beim Q7 unter die Haube gezwängt werden könnte. Und irgendeine Gegenleistung müssen die Briten ja dafür  bringen, dass sie mit dem  famosen V8-Motor bald in nächstes Tabu brechen und in ihrem ersten Geländewagen auch ihren ersten Diesel anbieten werden.