Neuer Ford Mustang: Eine Legende lebt auf
Dieses Auto ist der Kult-Klassiker schlechthin: Seit fast genau 50 Jahren steht der Ford Mustang für den „American Way of Drive“ und dafür, dass in Detroit eben doch Autos mit mehr Leidenschaft gebaut werden als beispielsweise in Wolfsburg, Toyota City oder rund um Paris. Denn kaum ein anderes Auto lässt lustvoller die Kolben stampfen und pubertärer den Auspuff röhren als die Mutter aller Muscle Cars. Erst recht nicht in solchen Stückzahlen. Schließlich wird der Mustang nicht in den homöopathischen Dosen eines Porsche 911 oder gar denen von Ferrari-Modellen verabreicht, sondern ist ein Traumwagen für die breite Masse. Immerhin wurden seit 1964 bereits mehr als neun Millionen Exemplare verkauft. Allerdings sind die meisten dieser neun Millionen Autos bis dato in den USA abgesetzt worden. Denn obwohl der Mustang eine weltweite Fan-Gemeinde hat, verzichtete Ford bislang auf den Export und überließ das Geschäft – zumindest hierzulande – freien Importeuren. Aber damit ist jetzt Schluss, sagen die Verantwortlichen bei Ford und verkünden stolz den Drang nach der automobilen Universalität: Wenn im nächsten Jahr, pünktlich zum runden Geburtstag der Baureihe, der neuen Mustang an den Start kommt, dann zum ersten Mal auch offiziell in Europa, wenngleich der Verkauf in Deutschland wohl erst 2015 beginnen wird.
Für den Ritt in die große weite Welt haben die Amerikaner ihr bestes Pferd im Stall neu aufgezäumt. Zwar wurde das Design von Coupé und Cabrio nur dezent weiterentwickelt, so dass man den Zweitürer trotz des flacheren Dachs, der längeren Haube und des breiteren Hecks auf Anhieb wieder als Mustang erkennt. Doch unter dem Blech ist so ziemlich alles neu. Das beginnt beim Fahrwerk, das endlich Abschied von der Starrachse nimmt und sich eine halbwegs aufwändige Einzelradaufhängung leistet. Es geht weiter mit standfesten Bremsen und neuen Sechsgang-Getrieben (als Schalter und Automatik) und reicht bis zum Vierzylinder-Benziner im Motorraum.
Ein Vierzylinder im Mustang? „Ja!“, sagt Projektleiter Dave Pericak mit Blick auf den 2,3 Liter großen Turbomotor aus der EcoBoost-Familie von Ford, der es auf satte 309 PS bringt. Sportwagen-Kunden mögen ihre Kaufentscheidung vielleicht nach den Leistungsdaten fällen, räumt der Ingenieur ein. Doch „beim Fahren entscheidet das Drehmoment“, fügt er listig an. Und davon hat auch der Vierzylinder reichlich, sagt Pericak und verweist auf die flache, breite Drehmomentkurve der Maschine, die erst bei 407 Nm gipfelt. „Das zahlt sich aus, wenn man schnell überholen muss oder alleine auf einer kurvigen Landstraße unterwegs ist. Aber gleichzeitig bringt dich dieser Motor im Alltag zwischen den Tankstopps ein gutes Stück weiter“, sagt der Entwickler und adressiert damit vermeintlich europäische Schlüsselthemen wie Verbrauch und CO2-Ausstoß. Außerdem ist der Vierzylinder nicht ganz neu. Schon in den achtziger und neunziger Jahren gab so einen Motor im Mustang, ebenfalls mit 2,3 Liter Hubraum und dank einem Intercooler bis zu 205 PS stark. Das war schon damals ausreichend, um beispielsweise einem BMW M3 oder einem Mercedes 190 E Paroli bieten zu können.
Bei aller Liebe zur Vernunft bleibt das Vergnügen im neuen Mustang also sicher nicht auf der Strecke. Denn natürlich wissen die Amerikaner, was sie einem echten Muscle-Car schuldig sind und bieten deshalb selbstredend auch wieder einen V8-Motor an. Der hat wie bisher schon fünf Liter Hubraum, kommt jetzt auf 426 PS und 529 Nm und dürfte lässig an der 300-km/h-Marke kratzten. Nicht umsonst hatten die Entwickler bei ihren Testfahrten auch einen Porsche 911 und einen BMW M3 im Pool der Referenzautos.
Zum gereiften Fahrwerk und der Wahl zwischen einem uramerikanischen V8 und einem europäischen Vierzylinder gibt es auch im Innenleben die Annäherung zwischen den Welten. Denn zumindest auf den ersten Fotos sieht der früher so lieb- und lustlose Mustang-Innenraum tatsächlich so aus, als könne man sich damit auch in Europa sehen lassen. Und trotzdem haben sich die Designer mit den verchromten Wippschaltern auf dem Mitteltunnel oder dem „Ground Speed“- Schriftzug im Tacho jenes Augenzwinkern bewahrt, das den Mustang so sympathisch macht. Denn auch ohne Starrachse und Blattfedern bleibt er der Outlaw unter den angepassten Breitensportlern, der auf Assistenzsysteme genauso pfeift wie auf eine Start-Stopp-Automatik.
Wie ernst es Ford mit dem Ritt nach Europa und in den Rest der Welt ist, wurde schon mit der Premiere des neuen Mustang deutlich. Zwar ist ein Generationswechsel bei einer solchen Ikone tatsächlich ein Ereignis von nationaler Bedeutung, und natürlich wurde das Auto auch in New York, Los Angeles und Dearborn enthüllt. Doch zeitgleich fielen ebenfalls die Tücher in Sydney, Shanghai und in Barcelona, wo kein geringerer als Firmenchef Bill Ford die Vorstellung des neuen Mustang höchstpersönlich vornahm. Offenbar hat Ford mit dem besten Pferd im Stall noch einiges vor.
Original: Blog | MOTOSOUND