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Die Luxus-Neuheiten des Genfer Salons: Champagner-Laune im Oberhaus

Published in motosound.de

Ein Gott in Rot: LaFerrari ist der schnellste, stärkste und teuerste Renner in der Firmengeschichte - und schon zur Premiere ausverkauft.

Krise? Welche Krise? Während die Volumenhersteller unter der Absatzflaute in Südeuropa stöhnen und auch auf den großen Märkten im Herzen des Kontinents die Flaute fürchten, schreiben die Luxusmarken wieder Rekordzahlen. Rolls-Royce hat zum dritten Mal in Folge einen Bestwert bei Produktion und Auslieferung erzielt, Lamborghini hat für den neuen Aventador eine Lieferzeit von mehr als einem Jahr und auch Bentley kommt mit der Produktion des Continental kaum hinterher. Luxus läuft wieder und das Oberhaus ist in Champagnerlaune. Damit der Perlwein nicht schal wird und es auch in den nächsten Wochen und Monaten weiter Grund zum Feiern gibt, fahren die Nobelmarken in diesem Jahr auf dem Genfer Automobilsalon so groß auf wie schon lange nicht mehr: In Smoking und Rennanzug feiern sie dort die Premiere zahlreicher neuer Luxuslimousinen und Supersportwagen.

An der Vollgasfront ist es vor allem das Duell von Ferrari und McLaren, das nun von der Formel1-Piste gar vollends auf die Überholspur der Autobahn wechselt. Denn mit dem Enzo-Nachfolger LaFerrari präsentieren die Italiener ihr schnellstes, stärkster und teuerstes Serienmodell aller Zeiten – nur um sich von den Engländern mit dem P1 im Stil des Legendären F1 in die Parade fahren zu lassen.

Gelbe Gefahr: Wie in der Formel1 ist McLaren auch auf der Straße gleichauf mit Ferrari - dem neuen P1 sei dank.

Optisch vom Enzo gar nicht so weit entfernt, macht Ferrari mit dem neuen Überflieger technisch einen großen Schritt in die Zukunft. Nicht nur, weil die Karosserie natürlich komplett aus Karbon gebacken ist. Sondern vor allem, weil im Heck zum ersten Mal ein Hybridantrieb zum Einsatz kommt. Deshalb kann der LaFerrari zwar anders als ein Prius noch lange nicht elektrisch fahren, doch wenn sich der 800 PS starke V12-Benziner und die 163 PS starke E-Maschine zusammen ins Zeug legen, haben alle anderen Sportwagen das Nachsehen: Deutlich weniger als drei Sekunden sollen vergehen, bis der Zweisitzer auf Tempo 100 ist. In unter sieben Sekunden steht der Tacho bei 200 und Schluss ist erst weit jenseits von 350 km/h. Das macht den für nur 499 Kunden reservierten LaFerrari zum stärksten und schnellsten Modell in der Firmengeschichte. Als würde es dafür noch eines weiteren Beweises bedürfen, reichen die Italiener gleich noch die Rundenzeiten ihrer Hausstrecke Fiorano nach: Mit 1:20 Minuten nimmt LaFerrari dem Enzo dort fünf und dem F12 noch immer drei Sekunden ab.

Das gerade einmal 60 Kilo schwere Hybridpaket besteht vor allem aus einer Batterie im Fahrzeugboden und zwei Elektromotoren. Der eine treibt beim Boosten zusätzlich die Hinterräder an und der andere versorgt die elektrischen Verbraucher und wirkt als Generator: Egal ob man bremst oder zwischendurch nicht die volle Last des 6,3 Liter großen V12-motors benötigt, lädt er so die Akkus, damit beim nächsten Sprint wieder die volle Leistung abgerufen werden kann. Mit dieser Technologie steigen nicht nur Leistung und Drehmoment auf Rekordwerte von 963 PS und 900 Nm, sondern obendrein geht auch der Verbrauch deutlich zurück: Mit 13,9 Liter wird der feuerrote Ferrari so fast schon zum grünen Spitzensportler. So extrem wie die Fahrleistung und und so exklusiv wie die Technik ist allerdings auch der Preis von LaFerrari: Mit 1 000 000 Euro – netto natürlich – ist er auch der teuerste Straßensportler in der Firmengeschichte.

Ein neuer Geist aus Goodwood: Mit dem Wraith will Rolls-Royce dem Bentley Continental in die Parade fahren.

Wer den McLaren in Gedanken daneben stellt, sieht einen Bruder im Geiste. Wo bei den Italienern der Enzo als Vorbild diente, ist es bei den Engländern der F1. Und wo Ferrari sich technisch beim F12 bediente, baut McLaren auf dem MP4 auf. Hier wie dort gibt es für schnellere Sprints und niedrige CO2-Werte die elektrische Unterstützung mit einem Kers-Baustein aus der Formel1, beide spurten in weniger als drei Sekunden auf Tempo 100 und schaffen mindestens 350 km/h – und auch McLaren verlangt für seinen Überflieger ziemlich genau eine Million Euro plus den Obolus fürs Finanzamt. Nur in zwei Dingen unterscheiden sich die beiden bislang schärfsten Spitzensportler des neuen Jahrtausends zumindest im Detail: Statt 499 baut McLaren nur 375 Autos, und wo im Heck von LaFerrari zwölf Zylinder toben, reicht den Briten ein V8 mit 3,8 Litern Hubraum und einem Doppelturbo. Deshalb ist der McLaren aber kaum schwächer, sondern kommt mit 737 konventionellen und 179 elektrischen Pferdestärken auf 916 PS und zieht so mit dem Ferrari beinahe gleich.

Auch bei den neuen Luxuslinern lebt das Geschäft von der Rivalität zweier im Grunde oder zumindest im Geiste eng verwandter Marken: Rolls-Royce und Bentley. Denn seit die beiden Schwestermarken getrennt wurden und nun jeweils das Angebot im BMW- und im VW-Konzern krönen, tobt ein vornehmer aber deshalb nicht minder harter Wettbewerb auf den Schlosshöfen dieser Welt – und geht in Genf in die nächste Runde: Während Rolls-Royce mit dem neuen Coupé Wraith vom Erfolg des Continental partizipieren will und der Haute-Vollée deshalb noch mehr Lust aufs Selberfahren macht, fährt Bentley dem erfolgreichen Ghost mit der neuen Chauffeurslimousine Flying Spur in die Parade.

Kalesche für Könige und Oligarchen: Der neue Flying Spur ist die ultimative Alternative zum Rolls-Royce Ghost.

Was die beiden Prunkwagen aus dem Königreich eint, sind nicht nur die vornehmen Formen, die exklusive Ausstattung und die exorbitanten Preise, die für den Wraith bei 292 000 Euro beginnen und für den Flying Spur kaum unter 250 000 Euro liegen werden. Sondern auch den Hang zum Superlativ haben sie gemeinsam. Nicht umsonst feiert Rolls-Royce das 5,27 Meter lange Coupé mit seinem 632 PS starken V12-Motor als stärkstes Modell in der Firmengeschichte, während Bentley dem 625 PS starken Flying Spur mit 322 km/h das höchste jemals ausgewiesene Spitzentempo für einen Viertürer mit „Flying B“ auf der Haube attestiert.

Mit diesen Neuheiten aus Genf haben die Nobelmarken ihr Pulver aber noch nicht verschossen. Sondern der Premierenreigen geht in den nächsten Monaten munter weiter Maserati stellt dem nagelneuen Quattroporte als etwas kleinere Alternative einen Nachfolger des Ghibli zur Seite und arbeitet mit Hochdruck am Geländewagen Levante, Lamborghini legt letzte Hand an den neuen Gallardo und hofft wie die Konzernschwester Bentley auf die Konzernfreigabe für einen ebenso luxuriösen wie leistungsstarken Geländewagen, bei Ferrari rechnet man mit einer offenen Version des F12, und bei Bugatti wird es so langsam Zeit für den Veyron-Nachfolger Galibier, der vom Supersportwagen zur Highend-Limousine werden soll. Die neue Mercedes S-Klasse, die als Inbegriff der Luxuslimousine im Sommer in den Handel kommt, gerät dabei fast schon in Vergessenheit. Und das, obwohl sie weltweit noch immer das erfolgreichste Prunkschiff für Vorstandsvorsitzende, Regierungschefs, Königshäuser und sonst wie Besserverdiener ist.

Überflieger für die Überholspur: Der Lamborghini Veneno stellt alle anderen Luxusautos aus Genf in den Schatten - allein mit seinem Preis von 3 570 000 Euro.

Natürlich darf man daran zweifeln, ob sich so viele neue Luxusliner und Supersportler in wirtschaftlich derart ungewissen Zeiten tatsächlich verkaufen lassen. Denn auch in Dubai, Moskau oder Miami ziehen sie die Spendierhosen ganz schnell wieder aus, wenn die Konjunktur erlahmt, der Ölpreis anzieht oder die Aktenkurse stürzen. Doch im Augenblick lacht über dem automobilen Oberhaus ungetrübt die Sonne. Wenn es dafür noch einen untrüglichen Beweis braucht, dann findet man den in Genf auf dem Stand von Lamborghini. Dort parkt der Veneno, den sich die Italiener zum 50. Geburtstag geschenkt haben. Er hat nicht nur das brutalste Design in der Lamborghini-Geschichte und markiert mit 750 PS und 355 km/h auch auf dem Datenblatt die Spitze. Sondern mit einem Preis von 3 570 000 Euro ist er auch das teuerste Auto der Welt – und trotzdem waren die drei geplanten Exemplare bereits vor der Premiere verkauft. Kriese, so könnte man meinen, sieht irgendwie anders aus.

Original: Blog | MOTOSOUND

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