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Audi R8 e-tron: Elektrisch durch die Grüne Hölle

Published in motosound.de

Schneller Saubermann: Die Nordschleife hat der e-tron in 8:09:099 Minuten bezwungen

20,8 Kilometer, 73 Kurven und 290 Meter Höhenunterschied – die Nordschleife des Nürburgrings gilt nicht nur als die härteste Rennstrecke der Welt. Sondern die „Grüne Hölle“ ist auch ein Prüfstein für Prototypen all jener Autos, die zumindest einen Hauch sportlicher sein wollen. Kein Wunder also, dass dort auch der Audi R8 e-tron jetzt kurz vor der Markteinführung zum Jahreswechsel seine letzten Entwicklungsrunden dreht. Und zwar schnell. Verdammt schnell sogar.

Denn um zu beweisen, wie viel Power in dem Batterie-Boliden steckt, hat 24-Stunden-Sieger Markus Winkelhock den roten Renner jetzt in der Rekordzeit von 8:09:099 Minuten um den Ring geprügelt – schneller als jedes andere serienmäßige Elektroauto und nur fünf Sekunden langsamer als ein R8 mit 430 PS-Achtzylinder.

Um das möglich zu machen, hat Audi den R8 komplett umgekrempelt. Auf den ersten Blick zeugen zwar nur der riesige Abluftschlitz auf der Fronthaube und der Rückenpanzer aus Karbon am Heck von den technischen Änderungen an dem Kracher aus der Kleinserie, der wohl kaum unter 200 000 Euro zu haben sein wird. „Doch die gesamte Unterwäsche ist neu“, sagt Entwicklungsvorstand Michael Dick und lenkt den Blick zunächst auf das Heck. Dort stecken unter der Leistungselektronik zwei Elektromotoren, die zusammen 381 PS leisten und ohne mechanische Verbindung je ein Hinterrad antreiben.

Rennfahrer als Testpilot: Markus Winkelhock posiert mit dem R8.

Sie können in schnellen Kurven nicht nur besser die Kraft verteilen, als jedes Torque Vectoring System. Sondern beim Bremsen gewinnen sie auch Energie zurück. Dabei packen sie so kräftig zu, dass die eigentlichen Keramikscheiben, die erstmals „by wire“ angesteuert werden, selbst auf einer heißen Runde ziemlich kalt bleiben. Während die konventionellen Bremsen vorn die Keramikteller auf über 500 Grad aufheizen, misst Dick nach der Rekordrunde hinten laue 49 Grad.

Ein weiterer Schwerpunkt der Entwicklung war der leichtbau: Weil der Lithium-Ionen-Akku im Mitteltunnel und vor der Hinterachse stolze 550 Kilo wiegt, musste der Rest des Autos ordentlich abspecken: Mehr Karbon in der Karosse, die weiter verfeinerte Alu-Struktur, Schalensitze aus Kohlefaser oder Fahrwerksteile aus GFK-Material – so drücken die Bayern das Gewicht auf 1 780 Kilo und landen damit am Ende nur zehn Prozent über dem konventionellen V8-Modell.

Bei der ersten Sitzprobe kurz nach der Rekordrunde ist erst einmal alles wie immer im R8. Lack und Leder wo man hinschaut, leidlich bequeme Rennsessel, Klima, Navi und ein paar elektrische Helfer. Nur die Instrumente sind ein bisschen futuristischer, der Ganghebel wird zum Joystick und statt des Rückspiegels gibt’s einen kleinen LED-Bildschirm und eine Kamera auf der Karbonklappe hinter mir. Aber sonst ist der E-Tron ein Sportwagen wie jeder andere .

Karbonflunder: Mehr noch als beim normalen R8 setzt Audi beim e-tron auf Leichtbau - irgendwie müssen die 550 Kilo Akkugewicht ja kompensiert werden.

Bis man auf der Döttiger Höhe das Fahrpedal durchtritt. Schon in den ersten Kurven wirkt der e-Tron mit der variablen Kraftverteilung zwischen innerem und äußerem Rad ungeheuer handlich. Aber auf der langen Geraden knallt der Kopf ohne jede Vorwarnung gegen die Karbonlehne, die vollen 820 Nm reißen an den Hinterrädern und in gespenstischer Stille schießt der rote Renner ohne jeden Schaltruck und ohne jede Gedenksekunde davon wie ein ICE auf der Neubaustrecke: 4,6 Sekunden reichen auf Tempo 100. Und weil beim Rekordwagen das Limit angehoben wurde, hängt die Tachonadel wenige Augenblicke später bei 220 km/h an Anschlag – und die E-Motoren im Heck schieben immer weiter.

Schon nach diesem kurzen Stück auf der Nordschleife möchte man am liebsten gar nicht mehr aussteigen – so faszinierend ist der Ausflug in die elektrische Zukunft des Sportwagens. Doch spätestens der Blick auf die Akku-Anzeige ruft einen zurück zur Besinnung. Im Normalbetrieb soll Elektro-Tank für über 200 Kilometer reichen. Und selbst nach einer Rekordrunde auf der Nordschleife ist noch ein Drittel Saft in der Batterie. Aber jetzt wird’s Zeit für die Steckdose – sonst muss man den e-tron zurück an die Box schieben und lernen, wie lang 20,8 Kilometer, 73 Kurven und 290 Meter Höhenunterschied tatsächlich werden können.

Original: Blog | MOTOSOUND

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