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Heckflossen mit Candy Pop

Published in Blog

Wie viel Auto ist möglich?

Wer „Chevrolet Bel Air“ hört, hat eigentlich das in Surferkreisen begehrte 1957er Modell vor Augen. Außer, er war Fan der Olsenbande und braucht während des Urlaubs in den USA ein verlässliches Fahrzeug. Dann kann es wie bei Gordon Tismer schon mal der 1959er Bel Air werden, und wenn aus Beförderung sowas wie Liebe wird… dann nimmt man das Gefährt halt nach dem Urlaub mit zurück nach Deutschland.

Chevrolet war damals die Ansage des normalen Mannes

Kaufen, fahren, mitnehmen

Es sollte ein klassisches Gefährt sein, das Gordon Tismer 2013 auf seiner Reise durch die U.S.A. begleitet. Und er wollte es vor Ort kaufen. Dieses Vorgehen hatte sich schon öfter bewährt: Am Anfang des Urlaubs ein Fahrzeug finden und die anstehenden tausende von Meilen damit reisen. Schon im Land der unbegrenzten Möglichkeiten die Macken finden und direkt die meist spottbilligen Ersatzteile kaufen und einbauen, statt lange im Netz zu suchen und dem Versandhandel zu vertrauen. Am Ende des Urlaubs steht dann da im besten Fall ein durchreparierter Klassiker ohne Überraschungen, der sich nach Deutschland verschiffen lässt. Oder den er da drüben stehen lässt, das soll auch schon vorgekommen sein.

Große Klappe, sogar ein bisschen was dahinter.

Dienstwagen der Olsen Bande

Der 50jährige Diplom Ingenieur aus Heilbad Heiligenstadt staunte nicht schlecht, als er bei seiner Suche in einer örtlichen Gazette ein Inserat für einen roten 1959er Chevrolet Bel Air sah. Der Wagen ist an sich weder besonders selten noch spektakulärer als andere Modelle aus dieser Ära – aber es war quasi der „Dienstwagen“ der dänischen Olsen Bande, die in Ostdeutschland in den 70ern und 80ern sehr populär im Fernsehen Klamauk machte und auch im westdeutschen TV gesendet wurde. Tismer liebt die Filme der drei Gauner Egon, Benny und Kjeld, und er liebte vor allem ihren etwas heruntergekommenen Chevy Bel Air, mit dem sie immerhin durch 10 Folgen fuhren. Und jetzt wurde hier so einer angeboten. Den musste er sich dringend einmal ansehen.

Flache Flossen – das war neu!

Der Bel Air war der preiswertere Impala

Den Bel Air verkaufte Chevrolet seit 1953 sehr erfolgreich im Segment der oberen Mittelklasse, was nach europäischen Maßstäben absurd groß erscheint. Auch die Ausstattung konnte sich damals sehen lassen, die 1959 als dritte Generation auf den Markt gebrachte Serie des Bel Air wurde in ihren Options ab dann sogar noch einmal vom Impala getoppt. Die Kunden konnten zwischen einem Sechszylinder und diversen V8 Motoren bis 430 PS ab 1963 wählen. Vor allem aber das Design des Bel Air und des Impala waren mutig für die Zeit.

Zierelemente wie Raketen.

Als alle anderen Heckflossen noch einmal in den Himmel wuchsen, legte Chevrolet sie wie Flügel flach auf die Seite. Das verschaffte dem Fahrzeug zusammen mit dem über die gesamte Front gehenden Kühlergrill und Doppelscheinwerfern eine wuchtige Breite, die sich von allen anderen Modellen unterschied. Ein Chevy war damals in den USA ein Auto für Jedermann, zuverlässig und groß. Daher wurden neben den zwei- und viertürigen Limousinen auch eine Hardtop-Limousine und ein fünftüriger Kombi angeboten. Ab 1975 gab es nach der 5. Generation keinen Chevrolet Bel Air mehr, nur noch den Impala.

Episch…

Zuverlässig mit kleinen Mängeln

Gordon Tismer fuhr mit einem Mietwagen zum kalifornischen Vorbesitzer und nahm den Chevrolet gleich mit. Ein absoluter Traum in rot, mit viel Chrom und dem Candy Pop der späten 50er Jahre in jeder Sicke. Er begleitete ihn klaglos durch den Urlaub und wurde von einer Spedition nach Deutschland verschifft, wo noch ein paar Kleinigkeiten repariert wurden. Das Scheibenwischergestänge musste gangbar gemacht werden, das wurde in Kalifornien über die Jahrzehnte quasi nie benutzt. Die Kreuzgelenke und Radlager der Hinterachse und den Kühler erneuerte der Maschinenbauer selbst, den Vergaser ließ er vorsorglich überholen. Ein Rostloch im Bodenblech wurde zugeschweißt und die Bremsanlage auf ein zeitgemäßeres Zweikreissystem mit Scheiben vorn umgerüstet. Das war’s. Seit dem läuft und läuft und läuft der Wagen zuverlässig durch jeden Sommer.

Auch vorn eine Menge aufzuklappen.

Zeitgeist hinter jeder Schraube

Wir dürfen einen ausgiebigen Ausritt im Olsen-Bande-Dienstwagen machen. Und es fühlt sich an wie in einer rollenden Milchbar! Tismer hat sich da inzwischen dran gewöhnt, seit einem Bergrennen in Heilbad Heiligenstadt in den 70ern liebt er Autos und besaß nach einem Wartburg 353S und einem Renault Fuego eben einen schon erwähnten 1957er Chevrolet Bel Air. Da kann einen auch dieses chromige, feuerrote Meer aus Metall, Leder und Kunststoff in der strahlenden Sonne nicht mehr schocken. Uns schon.

Jedes Detail ein Kunstwerk

Alles scheint unwirklich, ist tatsächlich vor über 60 Jahren einmal jemand in ein Autohaus gegangen und hat ein dermaßen farbiges Ding für harte Dollar gekauft? Ja, tatsächlich. Und er war damals nicht allein mit diesem Geschmack. Neben dem heute üblichen grau und schwarz der Zwecklimousinen wirkt der Bel Air verspielt, selbstbewusst und kaum zu glauben!

Nicht riesig – aber fett!

Cruising, nicht rasen

Die Realität holt einen ein, wenn der V8 zum Leben erwacht. Es ist nur der „kleine“ mit 4.6 Litern Hubraum, aber die legendäre Zündfolge blubbert ihr Orchester wundervoll aus den beiden seitlich hinter der Achse aufgehängten Auspuffrohren raus. Der Chevy ist ein Cruiser, kein Muscle Car. Zum Rennen fahren oder gar gewinnen nimmt man keine amerikanischen Limousinen aus den 1950ern. Aber zum geräumigen Vorankommen sind sie klasse.

Da wird man fast blind vor Freude.

Die nur zwei Gänge der Powerglide schmatzen butterweich rein, während wir uns auf den beiden durchgehenden roten Sofas hinten und vorn fühlen wie Stars vor einer Filmpremiere. Herrlich. Bei diesen Schlitten teilen sich die Lager recht eindeutig. Die einen verehren sie und den unaufgeregten Lifestyle, den sie transportieren. Die anderen meiden sie wegen ihrer alten Technik und der schlechten Fahreigenschaften. Die so schlecht gar nicht sind, wenn man sich damit einmal auseinandersetzt und nicht nur von der schieren Größe Rückschlüsse zieht.

Ein Gefühl wie in der Milchbar.

„Was verbraucht denn der…?“

Amerikanische Klassiker überraschen einen immer wieder, und das wundert die Kritiker, mit wegweisender Technik. Wenn man sich einmal anschaut, was in Deutschland gegen Ende der 1950er Jahre standardmäßig auf den Straßen fuhr, wird man plötzlich andächtig. Elektrische Fensterheber, Klimaanlagen, Automatikgetriebe und selbst Radios waren fast ausschließlich dem Luxussegment vorbehalten.

Ab und an liebe ich meinen Job.

Amerikanische „Straßenkreuzer“ sind Zeitgeschichte, Technikgeschichte und Entschleunigung in einem. Und niemand hat die preiswerte Ersatzteilversorgung fast aller seiner seiner Nachkriegsmodelle so umfassend ausgebaut wie Nordamerika. Wollt ihr auch auch mal drauf einlassen? Ihr könnt direkt schauen und vergleichen, was euer Wunschfahrzeug euch denn im Jahr in der Versicherung bei Hiscox kosten würde. Den Versicherungsbeitrag für eine Hiscox Classic Cars Versicherung könnt ihr unkompliziert erfragen. Und dann seid ihr auf mehreren Ebenen finanziell vorbereitet, denn eine Frage kommt auf dem nächsten Parkplatz bestimmt: Hey… was verbraucht denn der?

Sandmann

Chevrolet Bel Air 4door Sedan
Baujahr: 1959
Motor: V8
Hubraum: 4.638 ccm (283 cui)
Leistung: 135 KW (185 PS) bei 4.600 1/s
Max. Drehmoment: 373 Nm bei 2.400 1/s
Getriebe: 2-Gang Powerglide Automatic
Antrieb: Hinterräder
Länge/Breite/Höhe: 5.309/1.975/1.448mm
Leergewicht: 1.592 kg
Beschleunigung 0-100 km/h: 14,3s
Top Speed: 157 km/h
Wert: ca 22.000 Euro