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BMW R 1250 RT

Published in radical-mag.com

Eine Nocke zugelegt

Seit über 40 Jahren bietet BMW Reisetouring-Modelle (daher das Kürzel «RT») mit Boxermotoren an. Vom Design her eher brav und behäbig, trumpften die RTs schon immer mehr mit inneren Werten als mit schreierischem Design auf und galten als äusserst zuverlässige Gefährten für die grosse Tour. Dabei wurden die Boxermotoren im Verlaufe der Jahre immer grösser und kraftvoller. Vorläufiger Höhepunkt ist der neue Boxermotor mit 1254 Kubik Hubraum.

Rein äusserlich deutet wenig auf den Modell-Wechsel hin. Abgesehen von der neuen Modellbezeichnung auf dem Tank und einem kleinen Bugspoiler hat sich im Vergleich zur letztjährigen 1200er-Modell nichts geändert. Doch wurde auf beiden Zylinderköpfen prominent der Schriftzug «ShiftCam» angebracht. So bezeichnet BMW bei den Motorrädern die neue variable Ventilsteuerungstechnologie, die bei den Autos bereits in den Neunzigerjahren unter dem Namen VANOS eingeführt wurde. Stark vereinfacht handelt es sich dabei um eine verschiebbare Nockenwelle, die zur Steuerung der Ventile je zwei unterschiedliche Nocken zur Verfügung stellen kann: eine für Teil- und eine für Volllast, also für reduzierten Ventilhub respektive maximalen Hub. Damit gibt es passend zur Drehzahl stets die richtige Nocke «zugeschoben» und damit mehr Leistung im Vollastbereich sowie mehr Drehmoment übers ganze Spektrum. In Zahlen ausgedrückt sind das neben zusätzlichen 84 Kubik Hubraum eine Leistungssteigerung von 11 PS auf 136 PS und vor allem 18 Nm mehr Drehmoment für maximal 143 Nm bei 6500 Umdrehungen. Die Tatsache, dass der Motor über den ganzen Drehzahlbereich von 2000 bis 8000/min mehr als 100 Nm bereitstellt, spricht Bände und macht die Gangwahl zur entspannten Nebensache: Die 1250er schöpft stets aus dem Vollen. BMW verspricht dank der neuen Ventilsteuerung nicht nur eine deutlich bessere Laufkultur mit einer um 100 Umdrehungen reduzierter Leerlaufdrehzahl, sondern auch eine Reduzierung der Abgasemissionen sowie bis zu vier Prozent weniger Verbrauch.

Im Test wurde insbesondere die enorme Durchzugsstärke eindrücklich bestätigt. Jeder noch so kleine Dreh am Gas wird sehr direkt und gleichmässig in Vorwärtskraft umgesetzt. Und ab 6000/min kann es auch mal sehr sportlich den Berg hochgehen. Dann überrascht die nicht gerade leichte Tourenmaschine (vollgetankt satte 279 Kilogramm) zudem mit einer erstaunlichen Handlichkeit. Mit ihrem tiefen Schwerpunkt lässt sie sich locker in noch so kleine Radien legen. Und man stellt sich die Frage, warum die hochbeinige GS mit dem gleichen Motor und vergleichbarem Preis eigentlich so viel beliebter ist. So wurde die grosse Reiseenduro 2018 in der Schweiz total 1024mal verkauft, gegenüber gerade mal 141 verkauften Exemplaren der RT. Wer nutzt denn schon tatsächlich die Offroader-Möglichkeiten einer GS? Da wäre die grosse Tour auf der deutlich komfortableren RT inklusive Soundkulisse doch so viel angenehmer. Und irgendwelche Schotterstrassen schafft sie auch locker. Aber der Kauf eines Motorrads war bekanntlich noch selten ein Vernunftentscheid.

BMW R 1250 RT
Motor: Luft-/Flüssigkeitsgekühlter Boxer-Motor
Hubraum: 1254 ccm
Leistung: 100 kW / 136 PS
Drehmoment: 143 Nm / 6250 U/min
Sitzhöhe: 805/825 mm
Gewicht fahrfertig vollgetankt: 279 kg
Testverbrauch: 5,8 l/100 km/h
Basispreis inkl. Seitenkoffer: ab Fr. 19 150.-
Testmotorrad: Top ausgestattet Fr. 25 580.-

Wir danken Daniel Huber für diesen Text. Mehr Motorräder gibt es in unserem Archiv.

Der Beitrag BMW R 1250 RT erschien zuerst auf radicalmag.