Open Menu
Open Menu
 ::

Mit SVR-Power erkämpft sich der F-Type die Lufthoheit auf der linken Spur

Published in motosound.de

Er kam, sah und siegte. Denn mit dem F-Type hat Jaguar nicht nur das Comeback als waschechter Sportwagenhersteller gefeiert, 75 Prozent Neukunden zur Marke geholt und weltweit über 160 Preise eingefahren. Sondern vor allem haben die Briten mit Coupé und Cabrio eine würdige Alternative zu Autos wie dem Porsche 911, dem AMG GT oder dem Aston Martin ins Feld geführt. Doch nur mitzufahren in diesem illustren Kreis, das ist ihnen offenbar zu wenig. Deshalb holt Jaguar jetzt genau wie die Kollegen von Land Rover beim Range Rover Sport zum ersten Mal die Truppe für „Special Vehicle Operations“ ins Boot und rüstet den F-Type ab Juli zum SVR-Modell auf. 575 PS, 700 Nm, ein messerscharf nachgeschliffenes Design und ein Ruf wie Donnerhall sollen dem Tiefflieger die Lufthoheit auf der Überholspur sichern.

Auf dem Papier legt der sündige fünf Liter große V8-Kompressor zwar nur 25 PS und 20 Nm zu, die wahrscheinlich nicht einmal ein Profi heraus fahren würde. Wobei es natürlich trotzdem imposant ist, wenn der F-Type seine Insassen mit dem Punch eines Preisboxers in bestenfalls 3,7 Sekunden auf Tempo 100 prügelt, wenn man zum Überholen im Kickdown nicht viel mehr als zwei Fahrzeuglängen freier Strecke braucht und man seinen Schutzengel mit Geschwindigkeiten weit jenseits von 300 km/h heraus fordern kann. Nicht umsonst schafft schon das Cabrio 314 und das Coupé sogar 322 km/h – so schnell war ein Jaguar mit Straßenzulassung noch nie.

Dass in der Praxis aus dem F-Type im SVR-Trimm tatsächlich ein anderes Auto wird, liegt aber weniger am stärkeren Motor und auch nicht an dem mit scharfen Messern nachgeschnittenen Design. Sondern es liegt am neuen Setup für das Fahrwerk, den breiteren Rädern mit mehr Grip und vor allem an der überarbeiteten Aerodynamik: Mit dem glatten Unterboden und dem großen Diffusor saugt sich der Flachmann förmlich am Asphalt fest und wenn sich jenseits von 100 km/h mit dem Surren eines Elektromotors der große Heckflügel erhebt, drückt eine unsichtbare Faust das Heck so fest auf die Straße, dass man in Kurven kaum mehr an sich halten kann, so schnell schnüren Coupé und Cabrio davon. Dazu noch ein Allradantrieb, der sich im Zweifel nach hinten orientiert und den F-Type auch mal ein bisschen schwänzeln lässt, das Torque-Vectoring, das die Kraft jeweils zugunsten des kurvenäußeren Rades verteilt, und ein adaptives Fahrwerk, das sich auch im knüppelharten Dynamic-Modus nur von kurzen, harten Stößen aus der Ruhe bringen lässt – fertig ist der vielleicht schärfste Sportwagen, den Jaguar bislang auf die Straße entlassen hat. Wenn die Briten jetzt noch was von der Leichtgängigkeit aus der Lenkung nehmen würden, dann hätte der F-Type tatsächlich das Zeug zum Porsche-Killer.

Nicht minder wichtig für den Rausch der Sinne ist allerdings der neue Titan-Auspuff mit seinen vier mächtigen Endrohren, die wie Posaunen aus dem Heck ragen. Denn der leistet nicht nur großen Anteil an den immerhin 50 Kilo Diäterfolg. Sondern vor allem komponiert er einen Soundtrack aus Brüllen und Bollern, aus Keifen und Knallen, dass selbst eine heavy-Metall-Band plötzlich so zahm und friedlich klingt wie ein Kirchenchor.

Das Vergnügen mit den beiden Bollerwagen hat allerdings auch seinen Preis: Für das Coupé verlangen die Briten 138 400 und für das Cabrio 145 400 Euro. 1000 Euro Aufschlag pro PS mehr Leistung – das klingt ein bisschen nach Wucher, selbst wenn man die Keramikbremsen und den Titanauspuff genauso mit einrechnet wie die vorne 265 und hinten 305 Millimeter breiten Walzen auf den geschmiedeten 20-Zöllern. Doch erstens gibt es dafür schließlich auch das stärkste und schnellste Serienmodell in der langen Jaguar-Geschichte – und zweitens kann man sich dafür im Gegenzug die bis zu 5 000 Euro für das Infotainment und die Boxen von Meridian sparen. Schließlich brüllt der V8 so ein leidenschaftliches Lied, dass man neben dem Motor keine andere Musik mehr hören will.

Aber nicht nur der Preis zeugt vom erstarkten Selbstbewusstsein der Briten, sondern auch die Projektplanung. Denn wo andere Hersteller die Strahlkraft solcher Sportserien durch eine strenge Limitierung zu erhöhen versuchen, macht die SVR-Truppe beim F-Type keine Einschränkungen: Die Stückzahl ist nach oben offen.