Open Menu
Open Menu
 ::

Mercedes S 63 AMG: Fitness für die First Class

Published in motosound.de

Dynamisches Dickschiff: Der S63 AMG schafft es im besten Fall in 4,0 Sekunden auf Tempo 100 und stürmt bis 300 km/h.

Mercedes lässt auch unter dem Smoking die Muskeln spielen: Für Manager mit besonders engem Terminkalender und Vorstandsbosse mit extra schweren Gasfuß bietet die schnelle AMG-Truppe aus Affalterbach die neue S-Klasse schon jetzt auch als AMG-Version an. Zu Preisen ab 149.881 Euro wird der Luxusliner so zum Leistungsträger, der mit 585 PS eine Extraportion Fitness in die First Class bringt.

Allerdings wahrt das Flaggschiff der Schwaben immer die Contenance. Ja, die Frontschürze hat jetzt riesige Nüstern und unter dem Heck lugen vier polierte Endrohre hervor. Doch wer mit dicken Backen und üppigen Schwellern protzen möchte, der muss dies bei externen Tunern suchen. „Eine S-Klasse ist und bleibt eine Luxuslimousine, auch wenn jetzt AMG auf dem Heckdeckel steht“, sagt Produktmanager Thomas Rappel als Grund für die sehr dezente Vollgas-Optik. „Schließlich umsonst sind die meisten Kunden Geschäftsleute“.

Zurückhaltung gilt übrigens auch für die Akustik. Im normalen Modus fällt der V8-Motor nach einem kurzen Aufschrei beim Anlassen schnell in ein gutmütiges Grollen zurück, bei dem die Nachbarschaft gemütlich weiter schlafen kann. Doch wehe, man wechselt in die Modi „S“ oder „M“: Dann öffnen sich die Schallklappen im Auspuff und der S 63 AMG bläst so laut aus vollen Rohren, dass in Nachbars Garten das Herbstlaub von den Bäumen fliegt und vermutlich auch die Bettdecke zu zittern beginnt.

Kraftpaket: Mit zwei Turboladern bläst der V8 aus Affalterbach der S-Klasse mächtig den Marsch.

Außen ein Smoking und innen sozusagen ein Futteral aus Samt und Seide: Zwar bietet AMG für das Top-Modell auch Zierleisten aus Karbon oder aus blankem Aluminium, und natürlich haben die Sitze auch eine prägnantere Kontur. „Aber in erste Linie geht es auch hier um Luxus“, sagt Rappel über die vornehme Lounge, die auf den ersten Blick nur an der speziellen Programmierung der digitalen Instrumente, der IWC-Uhr in der Mittelkonsole und am handtellergroßen AMG-Wappen auf der Mittelarmlehne zu erkennen ist.

Doch alle Zweifel an den sportlichen Ambitionen des S 63 AMG sind verflogen, wenn man den Fuß über dem Fahrpedal senkt und der V8-Biturbo seine Kraft entfaltet. Dann strafen 585 PS und bis zu 900 Nm scheinbar sogar die Physik Lügen und führen den Lehrsatz von der Trägheit der Masse ad absurdum. Im Nu wuchtet der 5,5-Liter-Motor den Zweitonner so vehement voran, dass die Welt vor den Scheiben in Schlieren verschwimmt. Von 0 auf 100 km/h in 4,0 Sekunden und ein Standard-Limit von 250 km/h – gegen rund 3000 Euro Aufpreis sind 300 km/h drin – lassen zumindest ahnen, welche Kräfte hier wirken.

Lack und Leder im Luxusfeger: Auch die sportlichste S-Klasse ist eine edel eingerichtete Lounge.

Damit die Leistung auch jenseits der Geraden nicht komplett in den Regelsystemen aufgerieben wird, bietet AMG nun auch bei der S-Klasse Allradantrieb an. Wer ein Modell mit langem Radstand bestellt, der bekommt künftig grundsätzlich vier angetriebene Räder und damit so viel Traktion, dass man auch in der Kurve ungestraft Gas geben kann. Weil die Langversion für den seltenen Fall, dass man in einem AMG einmal das Steuer aus der Hand gibt, natürlich mehr Platz bietet als die normale S-Klasse und obendrein lediglich 2800 Euro mehr kostet, rechnet AMG-Chef Ola Källenius mit einem ähnlich hohen Allrad-Anteil wie beim E63 AMG. Dort liegt er mittlerweile bei etwa 80 Prozent.

Allerdings verzichtet man damit auf eine andere Errungenschaft der neuen S-Klasse: die Magic Body Control. Weil die nicht mit dem Allradantrieb kombiniert werden kann, fehlt dort jenes Gefühl vom fliegenden Teppich, das von dem vorausschauenden System sonst vermittelt wird. Das ist schon in der normalen S-Klasse faszinierend, macht aber in der kurzen AMG-Version noch mehr Eindruck, weil man selbst mit dem strammeren Fahrwerk nichts mehr von Bodenwellen spürt und sich wie auf Wolke sieben fühlt.

So simpel, wie es den Anschein haben könnte, war das Bodybuilding für die S-Klasse übrigens nicht. Die Kofferraummulde beispielsweise ist als erstes AMG-Bauteil mit nennenswerten Stückzahlen aus Karbon gefertigt und trägt, mit Details wie der Lithium-Ionen-Starter-Batterie dazu bei, dass der Luxusliner rund 100 Kilogramm weniger wiegt als das Vorgängermodell. „Und zwar mit langem Radstand und Allradantrieb“, unterstreicht Källenius und freut sich über 0,4 Liter weniger Verbrauch, der dabei herausspringt. Der S 63 AMG verbraucht offiziell 10,1 Liter je 100 Kilometer. Natürlich braucht es nur ein paar beherzte Gasstöße, um den Verbrauch mal eben zu verdoppeln.

Dickes Ende: Am Heck zeugen vier Endrohre von der Kraftkur. Denn auch als Bodybuilder pflegt die S-Klasse den dezenten Auftritt.

AMG feiert das Modell als dynamischste S-Klasse aller Zeiten. Und auch wenn es niemand ernsthaft in Erwägung ziehen dürfte, kann man mit diesem Auto sogar auf die Nordschleife. Doch bei aller Lust an der Leistung bleibt ihm ein Superlativ vorenthalten: Die stärkste S-Klasse aller Zeiten ist der S 63 AMG nie gewesen – und wird es auch nie werden. Diese Position behält das V12-Modell S 65, das bereits in den Startlöchern steht und Anfang 2014 eingeführt wird. Dessen 6,0-Liter-Motor hat die gleichen Leistungsdaten wie bisher, doch 630 PS und 1200 Nm sind noch immer so spektakulär, dass an dieser Stelle selbst AMG die Hände in den Schoß legen kann.

Original: Blog | MOTOSOUND

Related Items from Catalogue Show Related