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Test Abarth 695 Rivale

Published in radical-mag.com

Hübsches Accessoire

Man muss schon ziemlich viel Liebe zur Marke Abarth verspüren, damit man dieses automatisierte 5-Gang-Getriebe im 695 Rivale erduldet. Seit den Selespeed-Versuchen von Alfa, den noch unsäglicheren Gerätschaften von Citroën und den Maserati-Cambiocorsa-Dingers haben wir solches nicht mehr erlebt (ok, Lamborghini…), man fragt sich, wer sich solches ausdenkt und dann auch tatsächlich noch in ein Fahrzeug einbaut. Zuerst ist da einmal dieses freundliche Nicken bei jedem Schaltvorgang, vor allem aber die kaum erträgliche, man möchte jedes Mal eine Kerze anzünden. Und nein, das wird nicht viel besser im «Sport»-Modus, da sind die Schläge einfach heftiger, und auch die Umstellung auf manuelles Schalten bringt nicht viel, aber wenigstens ist man dann gefasst darauf, was (mit entsprechender Verspätung) passiert. Kommt erschwerend dazu, dass der erste Gang klar zu kurz ausgelegt ist, es zerreisst den Kleinen fast, wenn man da einen zu schweren Fuss hat. Es muss ganz klar und deutlich ausgedrückt werden: diese 2000 Franken Aufpreis muss man sich unbedingt sparen. Wobei wir jetzt gar nicht wissen, ob es genau diese «Limited Edition» überhaupt noch zu kaufen gibt; irgendetwas hat FCA mit den Fiat-500-Derivaten ja aber immer im Köcher.

Der Fiat 500 hat ja nun auch schon 12 Jahre auf dem schönen Buckel; ebenfalls 2007 wurde die Marke Abarth neu belebt, ein Jahr später durften die ersten 500er den grossen Namen tragen. Es gab ja schon so einiges an Sondermodellen, Tributo Ferrari, Edizone Maserati, den 695 biposto haben wir geliebt. Riva gibt es schon etwas länger, die Werft wurde schon 1842 gegründet, doch berühmt wurde sie in den 50er und 60er Jahren, als der Playboy und damalige Fiat-Patron Giovanni Agnelli mit hübschen Damen an Bord übers Wasser rauschte; heute ist Riva nur noch ein Schatten seiner selbst, die wunderbaren Boote mit der Mahagoni-Beplankung sind Vergangenheit. Es gibt Sondermodelle des 500er als Riva, bei Abarth heisst das Wortspiel dann Rivale – und besteht als Reminiszenz an die guten alten Riva-Zeiten aus einer Mahagoni-Blende als Zierde des Armaturenbretts. Es sind sonst noch ein paar Goodies inbegriffen, eine Spezial-Lackierung, blaues Leder im Innenraum, spezielle Felgen, etc., und das ist alles schön gemacht, sieht auch gut aus, man kann sich durchaus begeistern für den Kleinen. Und der Preis von 34’450 Franken ist mit der Summe aller zusätzlichen Ausstattungen zwar kein Schnäppchen, aber auch nicht übertrieben.

Das Retro-Modell Fiat 500 ist nun selber schon ziemlich retro, aber er ist immer noch sehr, sehr cool. Und findet weiterhin reichlich Kundschaft, auch im vergangenen Jahr schaffte er es wieder unter die Top 10 in der Schweiz, fast 3800 Exemplare wurden abgesetzt (einverstanden, mit teilweise absurden Rabatten). Der 3,66 Meter lange Italiener ist jetzt schon ein Design-Klassiker – und er kann, obwohl nicht mehr der Jüngste, alles, was man von einem modernen Kleinwagen erwartet, Infotainment und Connectivity mögen zwar nicht auf dem höchsten Niveau sein, doch die Bedienung ist einfach, klar – und das ist auch eine Qualität. Nicht einmal über das Platzangebot muss man sich beklagen, vorne sitzt man zwar weiterhin zu hoch, in der zweiten Reihe ist dann nicht mehr viel, aber in den Kofferraum passt der Wochenend-Einkauf locker (185 Liter).

Klar, der Abarth ist knallhart, auf schlechten Strassen hoppelt er mehr als dass er Bodenkontakt hat; der Radstand von nur 2,3 Metern hat da seinen Anteil, die sehr sportliche Abstimmung des Fahrwerks aber noch mehr. Auch kommen über die Lenkung etwas gar reichlich Rückmeldungen vom Strassenzustand, es lässt sich ausserdem nicht verneinen, dass man ebendort auch den Kraftfluss gut verspürt. Doch das stört nicht weiter, er ist eine ehrliche Haut, der Abarth, sehr agil, bestens ausrechenbar – und wenn man dann zu schnell ist, schiebt er einfach über die Vorderräder. Doch das macht schon Spass, die 180 Pferde aus dem 1,4-Liter-Turbo galoppieren zu lassen, auch akustisch – und wir können uns vorstellen, dass der Abarth mit manuellem Getriebe und der mechanischen Sperre so richtig böse und deshalb sehr fröhlich ist. Unserem Testwagen, 1205 Kilo schwer, fehlte halt leider beides. Weil es uns deshalb auch gar nicht erst danach dürstete, die absolut vorhandene Leistung abzurufen, kamen wir auch einen Testdurchschnitt von 6,4 Litern, was für einen Wagen mit 180 PS und 250 Nm maximalem Drehmoment, der in 6,9 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen will und satte 225 km/h schnell läuft, so schlecht nicht ist. Wir haben damit sogar die Werksangabe von 6,7 Litern unterboten; trotzdem, der Tankinhalt ist mit nur 35 Litern etwas gar klein.

So ein Abarth 695 Rivale ist in erster Linie ein hübsches Accessoire. Es ist und bleibt erstaunlich, wie gern ihn die anderen Verkehrsteilnehmer mögen, da kommt irgendwie auch kein Neid auf, obwohl er viel besser tönt als manch ein ernsthafter Sportwagen (Akrapovic…); als Rivale trägt er auch einen feinen, zweifarbigen Massanzug, der auch die Insassen gut kleidet. Man kann ihn lieben für sein Design, für viele Details, es wird auch bei dieser «Limited Edition» wieder so sein, dass sie ausverkauft sein wird. Auf das automatisierte Getriebe sollte man aber auf jeden Fall verzichten, das passt nun wirklich nicht zum Charakter dieses Fahrzeugs.

Ja, wir haben ganz viel klassische Abarth, eine Übersicht gibt es: hier.

Der Beitrag Test Abarth 695 Rivale erschien zuerst auf radicalmag.