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750SS/101.20 – Giulietta Sprint Speciale

Published in radical-mag.com

Flachmann

Selbstverständlich müssten wir hier zuerst etwas zu den B.A.T.-Modellen (Berlinetta Aerodinamica Tecnica) schreiben, zum B.A.T. 5 (1953), B.A.T. 7 (1954) und B.A.T. 9 (1955), die Franco Scaglione für Bertone entwarf. Doch das müssen wir andernorts machen, separiert, denn die B.A.T. basierten auf dem 1900er, Millenove, und es geht hier um die Giulietta. Doch es ist ganz klar, schon optisch: ohne B.A.T. keine Giulietta Sprint Speciale. Denn, klar: Es ging um Aerodynamik. Bertone und vor allem Scaglione hatten sich diesem Thema verschrieben – und Alfa Romeo war sehr interessiert, dies auch deshalb, weil man ja in den unteren Rennsport-Klassen antrat, wo jedes Kilo und jede Pferdestärke zählte. Weniger Luftwiderstand, das wusste man auch in Arese und Portello, konnte da der entscheidende Vorteil sein. Denn da gab es ja auch noch einen Gegner, den sich Alfa selber geschaffen hatte: die Giulietta SVZ, also die Sprint Veloce mit Zagato-Aufbau, die leichter und folglich schneller waren als die anderen Giulietta. Weil aber die Zagato keine offiziellen Alfa-Modelle waren, musste Bertone ran.

Es war reichlich Arbeit. Der Radstand wurde um 13 Zentimeter auf 2,25 Meter verkürzt, der Aufbau dann von Hand aus Aluminium gedengelt. Und was das für eine Karosserie war: 12 Zentimeter breiter als beim Sprint Veloce, 14 Zentimeter länger – und 11 Zentimeter niedriger. Typisch: das Kamm-Heck. Der erste Prototyp, intern Sprint Spinta, im Volksmund auch Squalo (Hai) genannt, erinnerte von vorne mehr an einen Ferrari als an einen Alfa. Das Fahrzeug wurde ausführlich getestet, zuerst im Windkanal von Moto Guzzi, dann auf der Autobahn zwischen Mailand und Turin. Und es wurde ein Luftwiderstandsbeiwert von 0,28 gemessen (was für Jahrzehnte ein Rekord bleiben sollte für serienmässige Fahrzeuge). Als Antrieb diente der klassische 1,3-Liter (für den aber 90 PS angegeben wurden), geschaltet wurde über ein neues 5-Gang-Getriebe. Vorgestellt wurde dieses Fahrzeug erstmals auf dem Salon in Turin im Herbst 1957.

Noch zwei weitere Prototypen wurden gebaut, der zweite hatte eine kleine Plexiglas-Scheibe vor der Frontscheibe. Die Frage nach dem Warum lässt sich wohl nicht endgültig beantworten, es heisst einerseits: Insektenschutz, andererseits: aerodynamische Hilfe für die Scheibenwischer, damit diese bei höheren Geschwindigkeiten nicht abhoben. Apropos Geschwindigkeit: 200 km/h waren problemlos möglich. Vorgestellt wurde das Serienprodukt am 24. Juni 1959 in Monza, die ersten 101 Fahrzeuge (für die Homologation waren 100 Exemplare nötig) trugen noch die Identifikationsnummern 750SS und wurden bis Ende 1959 gebaut (mit fünf Ausnahmen), vier davon sind wohl «alleggerita», komplett aus Alu, 60 waren in Rosso Alfa lackiert, 40 in Bianco Gardenia und einer in Grau, Grigio Charissimo. Diese ersten Exemplare werden heute als «low nose» bezeichnet.

Das Problem war: die Sprint Speciale taten keinen Stich gegen die SVZ. Was in erster Linie am Gewicht lag, da hatten die Zagato einen klaren Vorteil. Alfa Romeo entschloss sich deshalb, den SS als luxuriöses Coupé zu positionieren, es verschwanden in der zweiten Serie, als 101.20 bezeichnet, die Alu-Türen (Motorhaube und Kofferraumdeckel blieben in diesem Material) und die Plexiglas-Fenster, der Innenraum wurde komfortabler gestaltet. Am auffälligsten war die neue Front, sie wurde um 7 Zentimeter erhöht – auch deshalb, weil sie dann den amerikanischen Vorschriften entsprach. Vorgestellt wurde die «neue» Giulietta SS auf dem Genfer Salon 1966 – und gebaut bis 1963, als sie durch die Giulia SS abgelöst wurde.

(Wir suchen noch weitere Bilder, hier zeigen wir zwei 61er, also zweite Serie – es fehlt uns also gutes Material einer «low nose». Und auch die drei Prototypen.) Diese Geschichte ist Teil unseres kleinen Alfa-Lexikons.

Der Beitrag 750SS/101.20 – Giulietta Sprint Speciale erschien zuerst auf radicalmag.