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Toyota C-HR

Published in radical-mag.com

Nichts ist unmöglich

Eine objektive Beurteilung des Toyota C-HR fällt (uns) schwer. Auch nach einer ausführlichen Testfahrt und längeren Gesprächen mit den Verantwortlichen bei Toyota will sich uns der Japaner nicht erschliessen. Das liegt nicht nur an seiner, hmm, schreiben wir mal: gewöhnungsbedürftigen Optik, sondern auch an seiner Technik, seiner Positionierung. Und auch an den Erklärungen von Toyota, weshalb die Welt ein solches Fahrzeug unbedingt braucht. Einverstanden, der Nissan Joke erschien uns auch immer als Witz – und sonnt sich weiterhin im Erfolg. Toyota sagt übrigens, der C-HR sei schon angeschoben worden, bevor der Juke auf den Markt kam (also: 2010). Es sei also ein Schelm, wer etwas anderes denkt.

Toyota sucht ja nicht erst seit gestern nach einer klaren Linie im Design. Zwar erkennt man unterdessen einige Modelle am X-Kühlergrill, doch sonst fehlt es eher an Gemeinsamkeiten. Dagegen wäre prinzipiell nicht einmal etwas einzuwenden, andere Hersteller übertreiben es ja sanft mit Ähnlichkeiten innerhalb der Familie, doch der C-HR steht nun wieder so ganz allein da, man kann ihn an nichts als Toyota festmachen, er könnte auch ein Honda sein oder ein Pagani. Dass er für den europäischen Geschmack leicht überdesignt wirkt, Beulen, Kanten, Wucherungen allerorten, könnte daran liegen, dass er ursprünglich als Scion für den amerikanischen Markt gedacht war. Nun ist Scion allerdings Anfang des Jahres ziemlich unsanft entschlafen – und Toyota erzählt unterdessen tatsächlich, das Fahrzeug sei von Anfang an für Europa erdacht und gemacht worden. Manchmal bleibt nur das Staunen.

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Dingfest machen können wir ihn zumindest optisch: als per se nicht definierbaren Crossover, so ein Ding zwischen den Welten. Der C-HR basiert auf dem Prius, hat etwas mehr Bodenfreiheit – und doch einen um 2,5 Zentimeter tieferen Schwerpunkt. Damit soll ein wahrhaft sportliches Fahrvergnügen erreicht werden, wie der verantwortliche Chefingenieur erzählt, der viel Zeit auf europäischen Strassen verbracht und dabei herausgefunden hat, dass die Europäer ganz andere fahrerische Vorlieben haben als etwa Japaner und Amerikaner. Auch ob solcher Aussagen wundert man sich wieder, so ganz frisch sind diese Erkenntnisse ja nun nicht. Und wenn man sie sich schon wieder neu erarbeitet, dann fragt man sich dann auch, warum sie nicht umgesetzt werden. Denn sportlich ist am C-HR gar nichts – und für Fahrfreude gibt es anscheinend keine japanische Übersetzung.

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Der C-HR ist also ein Prius. Auch das ist per se nicht falsch, der Prius ist ein feines Fahrzeug für jene, die einen Prius fahren wollen. Aber der Prius ist halt sehr weit entfernt von allem, was auch nur einen Hauch Fahrspass versprühen könnte. Die Technik übernimmt der C-HR 1:1, also 122 PS Systemleistung und CVT, das ist dieses Strumpfband von einem Getriebe, das wie ein tiefer Sumpf wirkt, ein «gasoline-to-noise-converter»; geht man nicht ausgesprochen feinfühlig mit dem Gaspedal um, dann wird der 1,8-Liter-Benziner in erster Linie lauter, bringt aber trotz elektrischer Unterstützung kaum zusätzlichen Vorwärtsdrang zustande. Will man ein Kurvengeschlängel ein bisschen flotter durchfahren, dann wird man das bald wieder bleibenlassen, denn es passiert beim Herausbeschleunigen einfach zu wenig. Es gibt beim C-HR noch eine Fahrstufe «Sport», deren Sinn sich uns aber ebenfalls nicht eröffnen wollte. Ausserdem steht sie in einem kompletten Widerspruch zum Hybrid-Gedanken von Toyota. Gut kann er aber dafür gleiten, in aller Ruhe, zurückhaltend – und dann wird der C-HR auch sparsamer sein als andere Crossover. 3,6 Liter sollen es sein, nach Norm, dies aber nur mit 16-Zöllern (mit denen er dann noch eigenartiger aussieht). Als Alternative steht noch ein 1,2-Liter-Benziner im Angebot, dies mit wilden 116 PS und 185 Nm maximalem Drehmoment; den zu fahren haben wir uns erspart. Und Diesel braucht Toyota ja nicht, man hat ja Hybrid.

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Die volle Dröhnung Emotionen gibt uns Toyota dann im Innenraum. Viel Platz ist da nicht, alles wirkt etwas beengt, weil das wohl besagte Sportlichkeit und ersehnte Jugendlichkeit suggerieren soll; Kinder möchten hinten nicht sitzen, sie sehen auch mit Sitzerhöher nicht aus den Schiessscharten. Vorne nimmt Toyota das Design-Thema von aussen wieder auf, wilde Kurven und da noch ein Schwung und dort noch eine blaue Zierleiste; das Auge ist schnell überfordert. An der Bedienungsfreundlichkeit gibt es nichts zu meckern, das ist alles ergonomisch und logisch, auch sauber verarbeitet. Und auch die verarbeiteten Plastiken fühlen sich hochwertig an. 377 Liter Kofferraum wird dem C-HR mit auf den Weg gegeben. Ach ja, 4,36 Meter lang ist er, 1,8 Meter breit, 1,56 Meter hoch. Und 1,4 Tonnen schwer.

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Nichts ist unmöglich bei Toyota. Vielleicht spricht der C-HR tatsächlich ein jüngeres, urbanes Publikum an. Vielleicht schafft er es wie der Juke, gegen den Strom zu schwimmen. Vielleicht sind genau solche Fahrzeuge ja gefragt. Uns hinterlässt der Toyota C-HR völlig hilflos. Aber wir haben weitere Toyota in unserem Archiv.

Der Beitrag Toyota C-HR erschien zuerst auf radicalmag.