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Emily geht unter die Schwarzfahrer: Mit dem Black Badge buhlt Rolls-Royce um die bösen Buben

Published in motosound.de

Die Zeiten, in denen ein Rolls-Royce nur was für alte Säcke mit dicken Konten waren, sind schon lange vorbei. Spätestens seit es den Ghost und den Wraith gibt und seit die Milliardäre in China und Amerika immer jünger werden, sinkt auch das Durchschnittsalter der erlauchten Kunden in Goodwood und der Geschmack unterliegt einem dramatischen Wandel. Bevor die Vielzahler ihr Geld zu Tunern tragen und dort Gefahr laufen, die Grenzen des guten Geschmacks zu überschreiten, tragen die Briten diesem Trend deshalb jetzt selber Rechnung und bieten die Limousine Ghost, das Coupé Wraith und demnächst auch das Cabrio Dawn als „Black Badge“ an.

Für 325 495 Euro beim Vier- und 339 805 Euro beim Zweitürer wechseln die sonst so schillernden strahlenden Luxusliner auf die dunkle Seite der Pracht und geben sich mit einem mystisches Schwarz einen buchstäblich düsteren Anstrich, der perfekt in protzige Rapper-Videos, Mafia-Filme oder einfach zu Reichen passt, die wenig Wert legen auf Tradition und Herkunft. Nicht nur die Bleche saugen so förmlich das Licht auf. Sondern auch die allermeisten Zierteile, die sonst aus Chrom sind und einen selbst an nebelgrauen Tagen zur Sonnenbrille greifen lassen, sind jetzt schwarz gehalten. Das gilt für das Markenlogo und auf Wunsch die Einfassung der Fenster genauso wie für die spektakulären Felgen aus Karbon und geschmiedetem Aluminium oder den den tempelgleichen Kühlergrill. Selbst Emily herself hat ein schwarzes Nichts um ihren wohl proportionierten Körper geschlungen.

Die schwarze Seele der Entwickler kommt auch im Innenraum ans Licht: Wo man sonst in Lack und Leder schwelgt und bisweilen mehr Holz sieht als in einem Londoner Herrenzimmer, wird der Blick jetzt gefangen von blankem Metall und spektakulären Konsolen aus einem Geflecht aus Karbon und Alufäden. Und die Uhr im Cockpit ziert nun die liegende Acht als Zeichen der Unendlichkeit, mit der die Briten daran erinnern wollen, dass Black Badge-Kunden keine Grenzen akzeptieren und deshalb unendliche Möglichkeiten haben

Zwar sind Ghost und Phantom für Schwarzfahrer vor allem ein Design-Statement und wenn es für den Aufpreis eines gut ausgestatteten Fünfers nur ein bisschen dunklen Zierrat gäbe, würde das bei Rolls-Royce weder wundern noch stören. Doch auch in Goodwood haben die Ingenieure ihren Stolz und wollen die Schwarzmalerei nicht allein dem Design überlassen.

Deshalb haben sie ein wenig am Fahrwerk gefeilt, die Lenkung direkter abgestimmt und die Automatik so programmiert, dass sie später hoch und früher herunterschaltet. Während sie ihre acht Gänge sonst wie von Geisterhand wechselt, spürt man jetzt ganz fern und sanft tatsächlich so etwas wie einen Schaltruck.

Außerdem haben die Ingenieure noch einmal Hand an den gewaltigen V12-Motor gelegt und einen Hauch mehr Power aus dem Triebwerk gekitzelt: Statt auch nicht gerade ärmlicher 570 PS leistet der 6,6 Liter im Ghost jetzt 612 PS und kommt auf 840 Nm. Im Wraith, ohnehin schon dem stärksten Rolls-Royce aller Zeiten, bleibt es bei 632 PS, aber zumindest die Drehmomentkurve macht einen Sprung um 70 Nm und gipfelt nun bei 870 Nm. Entsprechend Flott gehen die Wuchtbrummen zur Sache, beschleunigen in deutlich weniger als fünf Sekunden von 0 auf 100 und erreichen anders als der große Bruder Phantom derart mühelos die 250 km/h, dass man ihnen sogar ein bisschen mehr Fracksausen zutrauen würde. Aber ganz so wild treiben es die Briten dann eben doch nicht.

Wer von einem Rolls-Royce in den anderen wechselt, der mag den Unterschied tatsächlich als eklatant empfinden und von einem ganz neuen Charakter sprechen. Doch wenn sich ein Normalsterblicher mal hinter das Steuer eines Rolls-Royce verirrt, ist er der Eindruck so überwältigend, dass solche Nuancen im Überfluss der Reize unterzugehen drohen. Zumal auch Standardmodelle nicht gerade untermotorisiert sind und weder Ghost noch Wraith mit Black Badge tatsächlich zu kompromisslosen Sportwagen werden. Mit einem M-Modell im Smoking darf man die Düsterlinge wirklich nicht verwechseln.

Zwar hat Rolls-Royce für den Black Badge auch noch einmal einen neuen Schwarzton angerührt, der aufwändiger lackiert und länger poliert wird als alle anderen Farben und deshalb in einer unvergleichlichen Tiefe glänzt. Doch weil der Kunde König ist in Goodwood und weil nicht jeder seine schwarze Seele ganz so demonstrativ nach außen kehren will, gibt es diese Versionen von Ghost und Wraith auch in allen anderen Farben des Regenbogens. Alles nur eine Frage des Preises.

Apropos Preise? Wie im wirklichen Leben ist das Schwarzfahren auch bei Rolls-Royce ein teures Vergnügen und schlägt mit fast 50 000 Euro zur Buche. Nur dass es bei diesen Autos erstens keine Armen trifft und zweitens keine Strafe ist.