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Audienz beim Papst zum 1. Jahrestag

Published in fünfkommasechs.de
Seit ziemlich genau einem Jahr genieße ich die luxusklassige Automobilität, denn etwa um dieselbe Zeit letztes Jahr wurde mein Traum vom Fünfkommasechser wahr. Fast genauso lange war ich aber auch skeptisch, ob ich denn wirklich alles richtig gemacht hatte. Wie ein Gesunder, der sich beim Lesen eines Medizinbuches plötzlich totsterbenskrank fühlt, grübelte ich vermehrt darüber, ob der Wagen denn am Ende nicht doch ein Faß ohne Boden werden könnte, je mehr ich in Foren las und von anderen...

Seit ziemlich genau einem Jahr genieße ich die luxusklassige Automobilität, denn etwa um dieselbe Zeit letztes Jahr wurde mein Traum vom Fünfkommasechser wahr. Fast genauso lange war ich aber auch skeptisch, ob ich denn wirklich alles richtig gemacht hatte. Wie ein Gesunder, der sich beim Lesen eines Medizinbuches plötzlich totsterbenskrank fühlt, grübelte ich vermehrt darüber, ob der Wagen denn am Ende nicht doch ein Faß ohne Boden werden könnte, je mehr ich in Foren las und von anderen Benzfahrern über deren “Schicksale” hörte. Wie es dann immer so ist, trifft auf einmal jedes geschilderte Symptom auch auf das eigene Auto zu. Ich hatte ja auch den ganzen Winter Zeit gehabt, mir diese Ängste anzufüttern. Waren möglicherweise noch immer verdeckte Mängel vorhanden, die mangels Werkstatt-Kompetenz bislang bloß nicht erkannt worden waren? Eigentlich hatte sich das Auto ja noch nie ein wirklicher Kenner der Materie angesehen, also jemand, der nicht bloß ein guter (Mercedes-)Werkstattmeister ist, sondern speziell den 126er mit Hydrofederung in- und auswendig kennt.

Trotz vieler Checks und Wartungen, trotz größerer Investitionen in die Beseitigung von Altlasten, trotz allseits guten Feedbacks auf das Auto und seinen Zustand, wurde ich in dieser zweiten Saison urplötzlich zum KFZ-Hypochonder.

In den letzten Tagen hatte mich ein Knarzen im Vorderwagen, leichte Unruhen im Leerlauf, die hin und wieder aufflackernde HPF-Warnleuchte und eine generellen Unzuverlässigkeit der Niveaumatic an einen verfaulten Unterboden oder schlimmeres glauben lassen. Katastrophenalarm! Im morgendlichen Stau bereitete mir schon der Schreckensgedanke einer plötzlichen Havarie wegen eines überhitzen Zündsteuergerätes kalten Angstschweiß. Oder die Sache mit den Steuerketten und Gleitschienen, die allmählich nachgesehen werden müßten, um einem theoretisch möglichen, plötzlichen Motorschaden vorzubeugen. Im Grunde alles prophylaktische Maßnahmen an den neuralgischen Punkten des 126ers. Trotzdem hatte ich das Empfinden, dringenden Handlungsbedarf zu lange ignoriert zu haben. Auch deshalb war ich froh, kurzfristig einen Termin in Köln bei H&S KFZ-Technik bekommen zu haben, und der fand gestern statt!

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Der Betrieb ist schon seit längerem ein renommierter Anlaufpunkt für Schiffseigner der Baureihe 126, und über die Grenzen der Republik hinaus bekannt. Hier hat man sich spezialisiert auf die alte S-Klasse und bietet dadurch ein baureihen-spezifisches Know-How, wie es naturgemäß längst keine Mercedes-Werkstatt mehr zu leisten imstande ist. Gerade was die ominöse Heckschieflage meines Nautikblauen anbelangt, waren H&S meine letzte Hoffnung. Selbst die von mir sehr geschätzte Firma Messerschmidt in Frankfurt hatte sich an der HPF-Problematik letztlich doch die Zähne ausgebissen.

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Klaus Schwichtenberg, einer der beiden Geschäftsführer, nahm sich nun dem Fall an. In gut anderthalb Stunden Bestandsaufnahme mit Probefahrt, Rundum-Check und ausführlicher Beratung natürlich nicht nur die Hydrofederung vorgeknöpft, sondern mir gleich auch eine lang ersehnte, realistische Einschätzung des Allgemeinzustands des Wagens gegeben. Ergebnisse:

wirklich guter Allgemeinzustand, gute Qualität der Vorarbeiten (u.a. Rostbekämpfung/Schweißarbeiten in den Radkästen), damaliger Kaufpreis gerechtfertigt

• Wagen ist rostfrei (auch die berüchtigten Wagenheber-Aufnahmen), bis auf eine kleine Stelle an der rechten Bremsabstützung, die aber noch unbedenklich ist und nun eine einfache Fluidfilm-Behandlung bekommt

• Getriebe schaltet etwas hart, ist aber in Ordnung, Getriebeöl ist sauber (keine Abnutzungsspuren sichtbar)

• für die Laufleistung sogar sehr ruhiger Motorlauf. Was ich an leichten Unruhen im Leerlauf für möglicherweise bedenklich hielt, ist der normale ”Laufcharakter” eines 560ers, zumal nach jetzt fast 220tkm

• Das Knarzen im Vorderwagen kommt von den oberen Querlenkern, die sichtlich verschlissen sind und erneuert werden müssen

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 • Alle Teile der Hydropneumatik sind in gutem Zustand, einiges davon ja sogar noch recht neu. Die Schieflage und das irritierende Niveaumatic-Verhalten, das allen anderen Werkstätten bislang Rätsel aufgab, ist wohl nur durch Luft im System erklärbar. Hier machte sich die große Erfahrung von H&S bemerkbar, denn so einen Fall kannte man dort schon. Es wird nun versucht, in einer langen Prozedur das System von der offensichtlich wandernden Luftblase zu befreien. Ansonsten kommt nur noch eine Fehlkonstruktion des hinteren linken Federbeins in Frage, welches der Optik nach im übrigen auch vor höchstens zwei Jahren erneuert worden war.

• Kleines Leck im Mitteltopf der Auspuffanlage

• “Banane” (Plastikabdeckung) im Radkasten hinten links fehlt, wodurch Spritzwasser in den hinteren Stoßfängerbereich eindringen kann

• Gleitschienen und Kettenspanner der Motorsteuerung werden vorsorglich erneuert (neuralgischer Punkt, der bei dieser Laufleistung sonst gerne zu Problemen führen kann)

• Zündsteuergerät wird mit neuer Wärmeleitpaste/-folie versehen, um es auch für die nächsten hunderttausend Kilometer vor dem Hitzetod zu bewahren (ebenfalls neuralgischer Punkt des 126ers). Diese Prozedor ist bei einem Wagen mit HPF leider nicht so einfach selbst durchführbar, da sich das ZSG unter dem HPF-Ölbehälter verbirgt.

• Undichtigkeit am Klimakompressor bereits zwei Wochen nach dem “Retfrofit” der Anlage bei der Buchwald GmbH (s. Scheckheft). Die Anlage wird nun noch einmal ordnungsgemäß samt intensiver Reinigung und dem Austausch einiger Teile und Ventile auf ein neues Kältemittel umgestellt

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Kurzum: bis Montag werden nun all die noch verbliebenen Dinge erledigt, die dem Fünfkommasechser die zweite Hälfte seines zu erwartenden Autolebens über Jahre hinaus sichern sollen. Alle neuralgischen Punkte wären dann abgehakt, und mit weiterhin guter Pflege kann der Wagen rost- und störungsfrei die nächsten 10-15 Jahre zuverlässig und ohne größere Reparaturaufwendungen laufen, so meine Hoffnung. Noch wichtiger: ich bin meine unbegründeten Ängste endlich los und habe die Gewißheit, daß technisch wirklich alles in Ordnung ist.

Sahnehäubchen: Klaus Schwichtenberg hat mich persönlich in einem Neuwagen (!) der Baureihe 126 zum Bahnhof gebracht.

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Der 560SEL war von H&S im letzten Jahr komplett neu aufgebaut worden und steht nun zum Verkauf. Zwischenzeitlich hat Klaus ihn selbst zugelassen und fährt ihn gelegentlich. Daß ich einmal selbst in diesem Wagen sitzen dürfte… ich war restlos begeistert! Hätte ich die Kohle, ich hätte ihn vom Fleck weg gekauft. Aber wie ich jetzt weiß, besitze ich ja bereits ein wirklich gutes Exemplar. Und am kommenden Montag wird mein Traumauto wieder ein ganzes Stück neuer und restlos für den Alltag gewappnet sein!


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