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Reiseinformationen aus dem Computer

Published in fünfkommasechs.de
Die Arbeit des Fahrers erleichtern, seinen Kopf entlasten, die Sicherheit erhöhen, das waren die Ziele der Forschungs- und Entwicklungsarbeit am Mercedes-Benz Reiserechner. Mitte der 1970er Jahre begann man bei der Daimler-Benz AG mit der Entwicklungsarbeit für das Automobil der Zukunft. Durch die erste Ölkrise 1973/74 wurden vor allem die Industrieländer aufgerüttelt – es konnte nicht im gleichen Tempo weitergehen wie bisher. Aber auf die S-Klasse wollte man in Stuttgart mit Sicherheit nicht...

Die Arbeit des Fahrers erleichtern, seinen Kopf entlasten, die Sicherheit erhöhen, das waren die Ziele der Forschungs- und Entwicklungsarbeit am Mercedes-Benz Reiserechner.

Mitte der 1970er Jahre begann man bei der Daimler-Benz AG mit der Entwicklungsarbeit für das Automobil der Zukunft. Durch die erste Ölkrise 1973/74 wurden vor allem die Industrieländer aufgerüttelt – es konnte nicht im gleichen Tempo weitergehen wie bisher. Aber auf die S-Klasse wollte man in Stuttgart mit Sicherheit nicht verzichten – ist sie doch seit Jahrzehnten schon das Aushängeschild des schwäbischen Automobilherstellers. Was muss also geschehen? Wie kann man den Fahrer dabei unterstützen, ökonomischer mit dem Automobil am Individualverkehr teilzunehmen. Wie mit allem ist es auch hier: die Elektronik ist der Segen der Zukunft.

Erstmals berichtet Daimler-Benz über seine Forschungsergebnisse in einem Sonderprospekt zur IAA 1979, in dem hauptsächlich die neue Mercedes-Benz S-Klasse W126 behandelt wird und ein kleiner Ausblick in die 1980er Jahre gegeben wird – Elektronik im Mercedes-Benz. Was gerne als neuzeitliches Problem abgetan wird ist in Wahrheit schon 30 Jahre alt!

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Besonders auffällig ist hierbei auch, dass die Daimler-Benz AG schon ein „Abstandswarngerät“ mit Radarunterstützung erwähnt. Eine Entwicklungsarbeit die heute in fast allen Oberklassefahrzeugen anzutreffen ist und erstmals im Jahre 2002 in einer Mercedes-Benz S-Klasse unter der Bezeichnung DISTRONIC als Abstandsregeltempomat gezeigt wurde und mittlerweile schon DISTRONIC PLUS heißt und das Fahrzeug im Fall des Falles sogar bis zum Stillstand abbremsen kann. Man sieht, welche Pionierleistung auch hier von Mercedes-Benz geleistet wurde – nicht nur der Airbag, das ABS, das ESP, der automatisch ausklappende Überrollbügel und das Keyless-Go System sind ohne Mercedes-Benz Oberklassemodelle heute nicht vorstellbar. Nein, auch das Abstandswarn- und Regelsystem und seit neuestem auch das Nachtsichtgerät NIGHTVISION sind alles Erfindungen, die ihre ersten Schritte Ende der 1970er bei Mercedes-Benz gemacht haben.

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Im Jahre 1981 stellte die Daimler-Benz AG ihr Forschungsauto „Auto 2000“ vor – dieser Prototyp basierte auf der S-Klasse W126 und war als Ausblick auf das Auto der Zukunft gedacht. Alle namhaften deutschen Autohersteller beteiligten sich an dieser Forschungsreihe, die vom Bund aus initiiert wurde.
Zur IAA 1981 wurde das große Mercedes-Benz Coupé SEC vorgestellt und es gab wieder einen Sonderprospekt, der hauptsächlich dieses neue Modell behandelte, aber eben auch erneut einen Ausblick auf die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit im Konzern gab. Erstmals wurde auch ein Prototyp des Mercedes-Benz Reiserechners gezeigt – sicherlich ein sehr frühes Stadium, aber die potentiellen Kunden konnten sich so bereits ein Bild davon machen:

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Interessant hierbei ist dass der Drehzahlmesser noch unten platziert ist und die Skala genau anders herum verläuft wie sonst immer üblich bei Mercedes-Benz Fahrzeugen. Auch die digitale Darstellung der Menüpunktauswahl im Display des Reiserechners war noch wenig ansprechend und stellt die Auswahlpfeile einfach andersherum dar wie es später dann für die Serie realisiert war – das Reiserechnerdisplay ist eine hochkomplexe Technik die in den 1980er Jahren wirklich „state of the art“ war!

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In diesem Sonderprospekt wurden aber auch noch andere interessante Entwicklungen dargestellt und angesprochen – so zum Beispiel auch der Wartungsrechner, eine heute bei allen Herstellern zum Standard gehörende Einrichtung, um den Kunden regelmäßig in die Werkstatt zu rufen. Aber man sieht auch schon erste Versuche (im Forschungsfahrzeug Auto 2000 realisiert) mit individuellen Darstellungsformen im Kombiinstrument.
Kurze Zeit später gab die Presseabteilung der Daimler-Benz AG ein weiteres Entwicklungsstadium des Reiserechners als offizielles Pressebild heraus – man erkennt schon den seriennahen Charakter:

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Jedoch auch hier noch einige Abweichungen vom späteren Serienstand – wie z.B. die Warnleuchten für die Flüssigkeitsstände von Scheibenwaschwasser, Kühlwasser und Motoröl, die so nie in Serie gingen und nur in den Vorserienwagen des W124 zu finden waren. Ebenso die beiden Ausrufezeichen-Symbole, die vielleicht für variable Probleme standen und Bestandteil des Wartungsrechners waren. Ein Mercedes war Anfang der 1980er so innovativ wie die NASA.

Letztendlich abgeschlossen waren die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten am Reiserechner erst im Jahre 198. Hier wurde er erstmals in der serienmäßigen Ausführung der Weltöffentlichkeit präsentiert. Wo könnte es anders sein, als auf der Internationalen Automobil Ausstellung in Frankfurt am Main.

Im Sonderprospekt zur IAA 1983 wurde diesmal hauptsächlich die neue Kompaktklasse von Daimler-Benz behandelt – der Typ 190. Damals ging ein regelrechter Aufschrei durch Deutschland – so etwas gab es noch nie, ein kleiner Mercedes – mit all den Tugenden der großen Baureihen in kompakter Form und geringem Preis. Der Typ 190 lehrte den Konkurrenten vom Start weg das Fürchten – nicht zuletzt aufgrund des „Senna-Mercedes“, dem Typ 190E 2,3-16.

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Der Reiserechner wurde erstmals ab September 1983 für die V8-Modelle der Mercedes-Benz S-Klasse angeboten, wurde aber gleichwohl erst ab Anfang 1984 geliefert.

Seinerzeit suchte man etwas ähnliches weltweit vergebens – es gab lediglich Verbrauchs-Tendenzanzeigen wie z.B. die Mercedes-Benz Economy-Anzeige, aber auch diese nur in ähnlich teuren Konkurrenz-Modellen. Heute ist ein Bordcomputer – die abgespeckte Ausführung des Reiserechners – in vielen Fahrzeugen weltweit serienmäßig verbaut und auch bei Mercedes-Benz werden seit ein paar Jahren sämtliche Modelle mit einem Reiserechner ab Werk angeboten – serienmäßig versteht sich! Auch wenn die heutigen Ausführungen nicht mehr den gleichen Reiz bieten wie seinerzeit der Opa, so sind sie gleichwohl dennoch sehr nützlich und bringen eine gewisse Entlastung für den Fahrer – sie erfüllen die ursprüngliche Idee.

Das Errechnen der aktuellen Ankunftszeit am Zielort hingegen kann heute kein Auto mehr – diese Funktion wird heute von den Navigationsgeräten (wenn vorhanden) übernommen. Umso spannender ist es, dass der Reiserechner schon Mitte der 1980er Jahre den Fahrer mit u.a. dieser Funktion versorgte! Nach Eingabe der zufahrenden Distanz (die sich mit Hilfe eines jeden Autoatlasses herleiten lässt) und Bestätigung derselben ist der Reiserechner in der Lage, die Ankunftszeit verblüffend genau zu errechnen – auch kann man eine realistische Wunsch-Ankunftszeit einspeichern und der Reiserechner zeigt einem die dafür notwendige Durchschnittsgeschwindigkeit an, die mit der realen Durchschnittsgeschwindigkeit verglichen werden kann und so Einfluss auf den Fahrstil des Fahrers nimmt – in einer Zeit ohne Handys und Navigationsgeräte eine wirklich sinnvolle Erleichterung des Fahrers, weiß er doch relativ genau, wann er am Zielort eintreffen wird.
Ab der großen Modellpflegemaßnahme der S-Klasse im Herbst 1985 wurde dann der Reiserechner auch für das gesamte Mercedes-Benz S-Klasse Programm angeboten (ab Ende 1984 auch schon für den 280SE/SEL). Weiter wurde der Reiserechner auch im SL (R107) und in den Sechszylindermodellen der Mittelklasse (W124) angeboten.

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Er beweist eindrucksvoll, dass auch hier wieder einmal die Mercedes-Benz S-Klasse die treibende Kraft war und die Automobilentwicklung nachhaltig beeinflusste. Die S-Klasse ist eben immer ein Stück voraus!


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