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Unser Augenzeugenbericht zur NAIAS 2017: Detroit, Dr. Z und Daimlers großes Comeback

Published in fünfkommasechs.de

Wenn‘s Euch primär um die Neuvorstellungen von Mercedes auf der NAIAS 2017 geht, dann scrollt schnell weiter runter, etwa bis zur Mitte dieses Textes. Dort findet Ihr alles Wesentliche zu den Autos, deretwegen ich als Chronist für fünfkommasechs über den großen Teich fliegen durfte.

Wir wären aber nicht fünfkommasechs, wenn es nicht auch immer ein bisschen um „die Geschichte drum herum“ gehen würde, und die macht eine Reise, zumal zu einer Automesse, doch überhaupt erst erzählenswert.

Downtown Detroit | Foto: Barbara Eckstein

Detroit liegt im Nordosten der „Flyover States“ und ist die einzige Großstadt der USA, die im Süden (!) an Kanada grenzt. Zu weltweiter Bekanntheit kam das erst vor etwa 300 Jahren von einem gewissen Kapitän Cadillac gegründete Ville d’Etroit im vergangenen Jahrhundert durch die zunächst zufällige Konzentration vieler Pioniere der amerikanischen Automobilindustrie. Detroit war und ist der Sitz unzähliger Marken, die heute im Wesentlichen zu den drei Großen der Branche gehören: Ford, Chrysler und allen voran General Motors, dem zeitweise größten Autohersteller der Welt.Detroit im Jahr 1942Detroit im Jahr 1942 | Foto:  Library of Congress

In den letzten Jahrzehnten ist die stolze Geschichte von „Motown“ zu einem Drama des schleichenden Siechtums geworden. Kaum ein Text, der angesichts der Leerstände und Industrieruinen ohne den Verweis auf den „morbiden Charme“ der einstigen Millionenstadt auskäme. Seit der zweiten Hälfte es 20. Jahrhunderts ist die Einwohnerzahl auf fast ein Drittel geschrumpft und große Teile der Infrastruktur dem Verfall preisgegeben.

Als die Welt noch (fast) in Ordnung war: frisch produziertes Blech aus Detroit um 1973 | Foto: National Archives and Records Administration

Blick von Landsat 7 auf Motown | Foto: NASAVon meiner eigenen Heimat heißt es, dass es sich bei Frankfurt um die kleinste Metropole der Welt handelte. Das könnte man rein demographisch inzwischen auch von Detroit behaupten, wäre da nicht dieser enorme Siedlungsraum und die damit einhergehende, viel geringere Bevölkerungsdichte als im Rhein-Main-Gebiet.

Aber auch Skyline und die Lage am Fluss haben durchaus etwas mit dem hessischen „Mainhattan“ gemein. Mit der Ausnahme, dass sich am Ufer im Südosten gegenüber nicht das hochgefährliche* Offenbach, sondern das beschauliche Kanada mit der Stadt Windsor anschließt. Gefährlich ist es derweil eher in Detroit selbst, respektive in seinen Vorstädten.

*das ist selbstverständlich eine Frotzelei ;-) Die alte Rivalität zwischen Frankfurt und Offenbach gleicht der von Köln und Düsseldorf und ist von mir natürlich rein humoristisch gemeint

Blick in richtung Süden nach Windsor, das schon zu Kanada gehört

Blick in richtung Süden nach Windsor, das schon zu Kanada gehört

NAIAS2017_Blog_009Zum ersten Mal in Motor City

Für mich ist es meine erste Reise ins winterliche Michigan. Die Ankunft an einem Sonntagmittag im kältesten Monat des Jahres verstärkt den Eindruck einer Postapokalypse, in der sich diese einst stolze Wirtschaftsmetropole derzeit befindet. Häme darüber dürfte selbst beim größten Amerika- oder Kapitalismuskritiker kaum aufkommen – ich gehöre sowieso nicht dazu.

Detroits Probleme sind komplex, rühren aber wohl im wesentlichen von einer Aneinanderreihung menschlichen Versagens, Korruption und jahrelanger Fehlentscheidungen her, die zuletzt in der ersten und einzigen Bankrotterklärung einer US-amerikanischen Stadt mündete.

Die Metropolregion mit ihrer mehrheitlich afroamerikanischen Bevölkerung zahlt dafür die Zeche. Trotz einer der höchsten Kriminalitäts- und Arbeitslosenquoten der USA soll sich Detroit aber inzwischen wieder auf dem Weg der leichten Besserung befinden. Viel Hoffnung wird dabei auch weiterhin in die Automobilindustrie gelegt.

NAIAS2017_Blog_001Die Fahrt vom Flughafen führt durch enorm großzügige, aber leeren Straßen zwischen den geschichtsträchtigen Hochhäusern im Art Déco oder internationalen Stil.

Wie bei so vielen amerikanischen Großstädten zwingt sich auch in Downtown Detroit der Eindruck auf, als habe man zunächst eine riesige Fläche planiert und betoniert, um dann die US-typischen Straßenblocks in großzügigen, sehr autofreundlichen Abständen voneinander aufzubauen. Das rechtwinklige Straßengitter erstreckt sich nahezu unterbrechungsfrei über etliche Kilometer bis in die Vorstädte.

Es ist bitterkalt. Aus den Kanaldeckeln dampfen die Fernwärmeleitungen und tragen zum filmreifen Straßenbild bei. Selbst für einen Sonntag ist es gespenstisch menschenleer und es sind kaum Autos auf der Straße außer unserem GLS „Media Shuttle“. Mich erfüllt eine Mischung aus Faszination und schlechtem Gewissen.

Schwer zu erklären, ohne pathetisch zu wirken: die mich hier chauffieren, die mir vor dem Hotel die Tür öffnen, mir das Gepäck abnehmen wollen, mein Zimmer reinigen, das Essen servieren – die meisten all derer könnte man sich auch in weitaus besseren Jobs vorstellen, die sie vielleicht auch einmal hatten. Das ist natürlich alles nur Bauchgefühl, vielleicht Menschenkenntnis oder auch Schubladendenken.

NAIAS2017_Blog_040Die belegbare Wahrheit ist: in den letzten Jahren sind hier zehntausende Jobs in der Fertigung, aber auch im Ingenieurwesen, in der Verwaltung und in der gesamten Wertschöpfungskette drum herum weggefallen. Eine städtische Arbeitslosenquote von über 18% (Stand: 2013) bedeutet eben auch, dass viele der Betroffenen noch vor Ort sind und nicht wie bereits hunderttausende andere das Weite gesucht haben. Möglicherweise weil sie es nicht wollten, möglicherweise weil sie es nicht konnten.

Vielleicht sollte man als Besucher, dem es persönlich doch gut geht, dann auch kein schlechtes Gewissen haben. Man trägt vielleicht schon durch die eigene Anwesenheit und die (von Daimler finanzierte) Rundumversorgung mit dazu bei, dass wenigstens zu Messezeiten ein wenig Cashflow in die Stadt kommt. Die NAIAS ist selbstredend ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Perspektivisch auch durch das, was auf dieser Messe eigentlich gezeigt wird. Doch dazu später mehr.

NAIAS2017_Blog_027Zu Fuß durch das Automekka Amerikas

NAIAS2017_Blog_006 NAIAS2017_Blog_005Fast alle Journalisten und Bloggerkollegen, die mit mir hier sind, waren schon mehr als einmal in Detroit. Ich bin das Küken.

Mit meiner alten Fotokamera bewaffnet schließe ich mich einer kleinen Gruppe an: Markus vom Mercedes-Benz-Passion-Blog, Fabian von autophorie.de und Thomas von mercedes-fans.de, der sich als exzellenter Touristenführer erweist.

Als erstes geht es unweit unseres Hotels, dem altehrwürdigen „Book Cadillac“, zu einem winzig kleinen, aber wohl sehr kultigen Schnellrestaurant namens „Lafayette Coney Island“. Bis zum Neujahrsempfang der Daimler AG am Abend ist noch etwas Zeit. Wir haben also „Freigang“ und sowieso schon seit mindestens einer Stunde nichts mehr gegessen. Also nehme ich die Einladung von Markus gerne an und lasse mir mangels Dollar-Bargeld einen Hot Dog ausgeben. Die Preise hier sind ohnehin sehr günstig.

NAIAS2017_Blog_003NAIAS2017_Blog_004Es wäre dem edlen Spender gegenüber undankbar, Konsistenz und Geschmack als eine Mischung aus nasser Pappe und Tofu-Wurst mit aufgewärmter Chili-Soße zu bezeichnen, deshalb sage ich an dieser Stelle nur: unbedingt selbst ausprobieren ;-) Immerhin: hier boomt Motown längst wieder. Und die Kunden im voll besetzten Restaurant sind allesamt Einheimische, wie es scheint.

Draußen, bei knackigen Minusgraden und strammer Brise frieren die lokalen Spezialitäten allerdings in Minutenschnelle in der Hand ein.

NAIAS2017_Blog_010Höchste Zeit also für einen wärmenden Aufenthalt in einer der vielen architektonischen Sehenswürdigkeiten von Detroit, etwa dem Guardian Building im Art Déco Stil, das auch den Spitznamen „Cathedral of Finance“ trägt. Beeindruckend!

DNAIAS2017_Blog_013irekt davor ein eher unscheinbares Denkmal alter Verbundenheit von Daimler mit Detroit: ein Chrysler 300C, der strenggenommen eine E-Klasse der Baureihe 210 mit cartooneskem Blechkleid ist. Zumindest teilt er sich die meisten Komponenten mit dem Vieraugen-Mercedes des Jahrtausendwechsels.

Ein nicht eben hässlich geratenes Kind aus der einst hier in Detroit am Rande der NAIAS beschlossenen Ehe Daimler-Chrysler, die trotz der „Hochzeit im Himmel“ (Jürgen Schrempp, 1998) aus deutscher Sicht eine eher unheilige Allianz mit allerlei Qualitätsproblemen und daraus folgenden erheblichem Image-Schaden für die Schwaben war.

NAIAS2017_Blog_012Das Experiment „DC“ wurde denn auch als eine der ersten Amtshandlungen von Schrempps frischgebackenen Nachfolger „DZ“ beendet.

Nicht uninteressant sind aber die Fahrzeuge aus dieser Ära, und damit meine ich nicht einmal mein eigenes „Rotkäppchen“ mit dem Hersteller „DaimlerChrysler“ laut Fahrzeugbrief, das auf Bestellung seines Vorbesitzers die exakt gleiche und in den USA sehr weit verbreitete Original-Chrysler-Lackierung „red blaze crystal“ trägt wie die beiden Fahrzeuge auf den Fotos.

Auch den SLK der Baureihe 170 mit ausfahrbarem Heckflügel, nämlich den Chrysler Crossfire, trifft man in Europa noch häufig auf den Straßen an. Nicht selten ebenfalls als Rotkäppchen ;-)

Links im Bild: ein Chrysler PT Cruiser Cabriolet, ebenfalls in „meiner“ roten Candylackierung.

NAIAS2017_Blog_015An der Hart Plaza angekommen, vor uns der Detroit River, sieht man zur linken das freistehende Wolkenkratzerensemble der GM Headquarters.

Trotz der für Frankfurter und erst recht für US-Maßstäbe moderaten Bauhöhe ein majestätischer Anblick. Die Schaltzentrale des einst mächtigsten Autokonzerns der Welt inszeniert ihre vielen Marken über intervallartig wechselnde LED-Streifen an der Gebäudespitze. Irgendwo dort oben werden wir am darauffolgenden Abend zum Dinner sein. Ich freue mich schon drauf!

Die Straße vor dem GM-Gebäude mündet in einen Tunnel unter dem Fluss, durch den wir theoretisch auf die andere Seite nach Kanada laufen könnten. Also quasi nach Offenbach. Wir entschließen uns zur Umkehr, die Woodward Avenue hinunter richtung Fox Theater.

NAIAS2017_Blog_025Die Straßen werden immer leerer, die umliegenden Gebäude flacher, die Räume dazwischen lichter.

Langsam frieren mir trotz Lappland-bewährter Handschuhe die Finger ein. Doch der Schmerz ist verkraftbar angesichts der kostenlosen Touri-Führung durch Downtown Detroit mit Thomas und Markus, die hier schon etliche Male waren. Gerade die Eindrücke abseits des ohnehin üppigen Programms auf den Presseveranstaltungen machen besonders viel Spaß, vor allem für „Bilderjäger“ wie mich – auch wenn es diesmal bewusst keine bewegten Bilder sein werden.

Allmählich wird es dunkel, und so ganz gemütlich ist es dann auf den Straßen nicht mehr, wird mir immer wieder gesagt. Zumindest je weiter man sich von der Stadtmitte entfernt und fahrlässigerweise auch noch einen weithin sichtbaren, teuren Wertgegenstand wie meine (veraltete) DSLR mit sich herumträgt.

NAIAS2017_Blog_014NAIAS2017_Blog_034Eine warme, schnelle und vor allem sehr Detroit-typische Methode, das Sightseeing im Schnelldurchlauf fortzusetzen, ist der Detroit People Mover.

Seit 1986 umschließt er Downtown als Hochbahn mit dreizehn Stationen, die er vollautomatisiert im Uhrzeigersinn abfährt. Kostenpunkt: lediglich 75 Cent je Fahrt (egal wie lang), die aber von der hochverschuldeten Stadt noch einmal mit 3 Dollar bezuschusst wird.NAIAS2017_Blog_033Dabei durchquert er auch einige Gebäude, unter anderem das Dach des Cobo Center, wo die NAIAS stattfindet. Die Station liegt aber nicht wirklich in der Messehalle, also kein zusätzlicher Mehrwert für die 75 Cent Fahrpreis ;-)

Die im Freien befindlichen Stationen der Hochbahn sind dafür mit Heizstrahlern ausgestattet und teils mit Bronzestatuen verziert. Hier scheint es auf den ersten Blick so, als habe man auch Dr. Z ein Denkmal gesetzt.

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Neujahrsempfang der Daimler AG

NAIAS2017_Blog_064Zurück im Hotel geht‘s zum Auftauen schnell unter die Dusche. Mein Zimmer im 14. Stock hat einen guten Blick nach Westen über die Stadt und auf die riesige Plakatwand unter mir mit der Modellpflege des GLA darauf. Der soll gleich 13 Stockwerke tiefer auf der Konferenzebene seine Vorab-Premiere haben.

Mit Jackett, aber ohne Krawatte (ganz im „DZ“-Stil) geht es hinunter zum Neujahrsempfang.

Der eigens hierfür verlegte Teppichboden ist bald dicht betreten mit allem, was in der Automobilpresse Rang und Namen hat. Mittendrin ein verhülltes Fahrzeug. Es ist nicht schwer zu erraten, was da unter dem Tuch auf seine Weltpremiere wartet ;-)

NAIAS2017_Blog_043Wenig später geht es hinüber in den großen Saal. Dr. Zetsche hat sichtlich Spaß bei der Vorabversion des Auftritts, den er auch anderntags drüben im Cobo Center halten wird. Insgeheim wohl auch, weil Daimler frei von Skandalen wie etwa „Dieselgate“ blieb, das sich schon wenige Tage später auf den ehemaligen Partner Chrysler ausweiten sollte. Aber über die Probleme der Konkurrenz fällt hier selbstverständlich kein Wort.

NAIAS2017_Blog_045Daimlers Zahlen sprechen für sich, auch ohne Profit von der Schwäche einer durch den Abgasskandal in schwere Turbulenzen geratenen Konkurrenz auf VAG-Seite.

Daimler ist wieder die Nummer 1

Die Marke Mercedes-Benz musste zuletzt ja vor allem BMW überholen, um endlich wieder die Nummer 1 der Premiumhersteller zu werden. Dieses Ziel ist nun offenbar erreicht, und das ist in erster Linie den nicht immer unumstrittenen Weichenstellungen von „DZ“ zu verdanken, der vor gerade einmal zehn Jahren einen recht angeschlagenen Konzern mit vielen Altlasten von Vorgänger Schrempp übernommen und ihn sukzessive wieder fit gemacht hat.

NAIAS2017_Blog_062Eines der Rezepte dieses Erfolgs: die Eroberung einer ganz neuen Käuferschicht, für die es vor der Ära Zetsche schlicht kein Produkt im Portfolio gab. Zeitgleich eine radikale Verjüngung. Dafür geopfert wurde ausgerechnet eines der Produkte, das gerade von den älteren Semestern sehr geschätzt wurde: die A-Klasse Baureihe 169, die vom kompakten Hochsitz-Van mit dem Wechsel zur Baureihe 176 plötzlich ein sportlicher Golf-Konkurrent wurde.

Zusammen mit anderen Derivaten der neuen Mercedes-Frontantrieb-Architektur wildert sie seitdem erfolgreich in den ehemaligen Domänen der Konkurrenz. Die Schlachten in den neuen Volumenmärkten scheint Daimler unter Zetsche und Designchef Wagener mehr als gut zu führen.

NAIAS2017_Blog_049Egal ob A, CLA oder GLA: etwa die Hälfte der Käufer hätte zuvor nie einen Mercedes in Erwägung gezogen. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer „Eroberungsrate“ von 50%. Gleichzeitig habe sich die Käuferschicht im neuen Mercedes-Kompaktfahrzeugsegment um rund 13 Jahre verjüngt, so Zetsche.

NAIAS2017_Blog_055Dazu gehört freilich auch, sich erfolgreich dem Wettbewerb im Bereich der überwiegend sinnfreien Karosserie-Anbauten und der grellen Kriegsbemalung zu stellen, wie man eindrucksvoll am beflügelten GLA-Sondermodell „Yellow Night Edition“ von A 45 und GLA 45 sehen kann.

Fair enough!

Dass es nicht eben wenige echte Mercedes-Fans gab und gibt, die ihr Fahrzeug nachträglich selbst optisch „verschönern“, ist seit Jahrzehnten gang und gäbe. Warum sollte das nicht auch verstärkt herstellerseitig ab Werk so angeboten werden? Dass selbst Limousinen seit der Baureihe 212 auch einen Zentral- statt eines Haubensterns haben können, ist letztlich die zwingende Konsequenz daraus, dass es in den Jahren zuvor bereits eine große Fangemeinde entsprechender „Coupéfront“-Umbauten von W123 bis W211 gegeben hat. Der Daimler hört auf seine Kunden und ist nicht mehr länger nur in „Rufweite der Mode“ statt modisch zu sein, wie es einst hieß.

Ich persönlich würde mir lediglich wünschen, es gäbe stets auch die umgekehrte Option: ein Coupé mit Haubenstern, so wie zuletzt beim C208. Oder überhaupt mehr Konservatismus – optional, versteht sich. Doch dazu später noch mehr.

NAIAS2017_Blog_048Alle Bauformen mit eingerechnet soll die MFA-Plattform demnächst auf 7 Modelle ausgeweitet werden, so Dr. Z. weiter. Überhaupt wird die Modelloffensive, die einer der Grundpfeiler für den jüngeren Erfolg der Marke ist, auch in den kommenden Jahren weiter fortgesetzt, schon allein aus Wettbewerbsgründen.

Dr. Zetsche ruft als neues Ziel nach der Eroberung des Throns unter den Premiummarken aus, diesen nun zu halten und nach Möglichkeit den Abstand zur Konkurrenz weiter auszubauen. Das wird nicht allein über ein noch breiteres Produktportfolio gehen, sondern zwingend auch durch Qualitätssicherung, durch ein immer wieder frisches und mutiges Design, durch technische Weiterentwicklung gerade auch auf Antriebsseite und durch intelligente Zusatzdienstleistungen.

Seit der Messe in Paris ist diese Strategie unter dem Kunstbegriff „C.A.S.E.“ (Connected, Autonomous, Shared, Electric) zusammengefasst, und ich gebe offen zu: mehr als ein Buzzword ist das für mich im Moment noch nicht.

Gleichwohl bin ich gespannt auf die damit verbundenen Entwicklungen.

Sehr bemerkenswert ist beim Neujahrsrückblick auf 2016 auch eine Zahl, die bis vor wenigen Jahren ebenfalls niemand für möglich gehalten hätte: der steigende Erfolg von smart mit 25% mehr produzierten Einheiten als im Vorjahr und erstmalig stabil schwarzen Zahlen. Dazu trägt freilich auch der Eigenkonsum durch eine wachsende Car2Go Flotte bei, aber eben auch eine gesteigerte private Nachfrage nach dem, für das smart eigentlich schon seit fast 20 Jahren steht, bislang aber nicht in Verkaufserfolge umsetzen konnte. Haken wir dieses Kapital ab unter der These, das smart vielleicht einfach zu früh für den Markt war.

Und: hinter den Kulissen ist zwar auch nicht immer alles eitel Sonnenschein bei der Kooperation mit Nissan-Renault, aber für den kleinen Stadtflitzer hat sich insbesondere die deutsch-französische Freundschaft doch sehr gelohnt. Wieder eine richtige Entscheidung des Vorstands, auch wenn es manchmal weh tat.

Ich wiederhole mich gerne: der neue fortwo ist ein optisch sehr gelungener Kleinwagen, der allenfalls etwas zu teuer ist für das, was man als Gegenwert im Detail bekommt. Aber ich mag ihn sehr!

NAIAS2017_Blog_044Am nächsten Morgen heißt es früh aufstehen. Das fällt den wenigsten dank Jetlag wirklich schwer. Manche hat die senile Bettflucht schon um 3 Uhr morgens ereilt. Ich hatte gottseidank auf dem Hinflug so gut wie gar nicht geschlafen und dadurch ausreichend Bettschwere angehäuft, um für Ortszeit Michigan gleich im richtigen Rhythmus zu sein.

Witziges Detail: die alten NAIAS-Hasen hatten mich gewarnt, dass der Kaffee im Frühstücksraum trotz des guten Service im Hotel bisweilen lange auf sich warten ließe und ich deshalb etwas Extrazeit mit einplanen solle.

Das Problem konnte ich dann aber nicht nachvollziehen, denn es gab vier oder fünf freie Kaffeeautomaten rund um die Tische – alle mit deutscher (um nicht zu sagen: schwäbischer) Displaysprache! Offenbar hatte der Daimler auch hier gelernt und das Kaffeeproblem durch eigens aus Deutschland mitgebrachte Geräte vorbeugend gelöst. Das Beste oder nichts, auch beim Koffein!

CoboHallDetroitBesuch bei einem sterbenden Giganten?

Das Cobo Center liegt eigentlich in Laufnähe, aber will man sich nicht eigens für den Gang zur Messe wie ein Eskimo verkleiden, nutzt man gerne den allzeit präsenten GLS-Shuttleservice.

Die Halle selbst ist gigantisch und gehört zu den größten ihrer Art in ganz Amerika. Errichtet auf genau dem Flecken Erde, an dem Antoine de la Mothe Cadillac, Kolonist und Gründer von Detroit, zum ersten Mal das Flussufer betreten haben soll, und benannt nach dem ehemaligen Bürgermeister Albert Cobo, wurde der Komplex im Jahre 1960 eingeweiht und später mehrfach um- und angebaut. Die Zahlen sind eindrucksvoll: 220.000 m² Fläche, davon 67.000 m² Ausstellungsfläche am Stück. Mehr als genug Platz für alle wichtigen Hersteller, so könnte man meinen.

Die Wahrheit ist, dass sich eine schrumpfende Zahl an Herstellern eine immer größere Fläche teilen. In diesem Jahr erstmals nicht mehr dabei ist beispielsweise Porsche. Für die Zuffenhausener mag es daran liegen, dass ihre Haupt-Absatzmärkte an der Westküste (Kalifornien) mit der LA Autoshow und an der Ostküste mit der New York International Auto Show jeweils viel gezielter adressiert werden können.

Das gesunkene Interesse der Aussteller an Detroit hat aber auch mit dem Kannibalisierungseffekt durch eine andere, eigentlich nicht autobezogene Messe zu tun: kurz vor der NAIAS findet in Las Vegas alljährlich die Consumer Electronics Show (CES) statt. Längst ist daraus ein wichtiger Ort und Zeitpunkt geworden, viele Neuheiten der Automobilindustrie zu präsentieren. Nach Ansicht mancher Kommentatoren ist die CES inzwischen die eigentlich interessantere Automesse.

Mercedes-Benz auf der NAIAS 2017

Nach der Ticket-Kontrolle (eine Sicherheitskontrolle findet nicht statt) landet man quasi direkt auf dem Stand von Mercedes-Benz. Am Morgen des ersten Pressetages ist der Bereich um die Bühne noch abgesperrt und etwa zweihundertfach bestuhlt. Kurz vor 10 Uhr soll hier die Pressekonferenz beginnen. Nach der Vorabpremiere des frisch gemopften GLA gestern abend sind alle besonders gespannt auf die Neuheiten von Mercedes-AMG.

Ich nutze die Ruhe vor dem Sturm für einen eigenen ersten Livestream auf unserer Facebook-Seite. Einige weitere sollen folgen, da hier am Morgen des ersten Pressetages noch längst nicht alle Exponate stehen. Vorteil dieser Liveberichte: ihr müsst nicht erst auf ein (ohnehin bald uninteressantes) Messevideo warten, könnt live mit mir interagieren und Fragen stellen, mich also quasi “fernsteuern“ ;-)

Nachteil: ich erzähle viel Unsinn, zittere, verhaspele mich und kann auch nicht alle Fragen direkt beantworten. Deshalb nun dieser Text hier – ebenfalls statt eines YouTube-Films. Einen ziemlich umfangreichen Eindruck des Messeauftritts von Mercedes-Benz bieten ja längst auch die von Daimler direkt angebotenen Livestreams. Hier zunächst die Übertragung der Pressekonferenz zum Auftakt der NAIAS 2017 (sehenswert):

Wie seit einiger Zeit üblich, findet die feierliche Enthüllung eines neuen Fahrzeugmodells kaum mehr physisch an einem bestimmten Ort und Zeitpunkt statt. Der Wagen entblättert sich wohldosiert über Monate allmählich vor den Linsen der Erlkönigjäger, die – so scheint es – längst fest in die PR-Strategie der Hersteller integriert sind, ergänzt durch Teilpremieren (bspw. von Fahrzeuginterieur), gewollte oder ungewollte Leaks oder Prototyp-Mitfahrten, an denen auch wir schon teilnehmen durften.

Die finale Enthüllung wird dann oft nur noch per Bildveröffentlichung vollführt, immer seltener auf einer dedizierten Veranstaltung. Was viele Vorteile aus Sicht der Kommunikationsstrategen haben mag (mehr Streuung und Reichweite), birgt immer auch ein gewisses Frustpotenzial in sich. Nur ungern halten gerade die Großen der Medienlandschaft die sanktionsbewährten Sperrfristen der vorab vom Hersteller zur Verfügung gestellten Pressefotos ein und veröffentlichen oft vorzeitig. Warum? Weil sie es können!

Gelobt sei da die gute alte Messe-Weltpremiere, aus der aber inzwischen nur noch eine einfache Messepremiere geworden ist. Sprich: das Fahrzeug ist zwar schon vorher bekannt, aber nun hat man es erstmals physisch vor sich.

Das neue E-Klasse Coupé der Baureihe 238

Nachdem auch das neue E-Klasse Coupé schon seit Dezember in Fotos und Videoclips in sämtlichen Details öffentlich gemacht wurde, bietet die NAIAS nun wenigstens die Chance, einen eigenen, ausführlichen Blick auf das Fahrzeug zu werfen. Und das immer noch lange vor der Händlerpremiere im März. Erster Eindruck: rundum gelungen und ziemlich wunderschön! ;-)NAIAS2017_Blog_147Erstmals seit der Baureihe 124 steht hier auch wieder ein „echtes“ E-Klasse Coupé! Denn die zwischenzeitlich CLK genannten „Mangeltürer“ der Baureihen 208 (parallel zum W210), 209 (parallel zum W211) und 207 (parallel zum W212) waren stets auf die Bodengruppe der jeweiligen C-Klasse aufgebaut.

Abmessungen

Auch ohne Kenntnis der Zahlen und Abmessungen wir sofort augenfällig: das E-Coupé ist eine echte „Erscheinung“ und wirkt in seinem Auftritt beinahe wie ein S-Klasse-Coupé, allenfalls vielleicht etwas weniger gestreckt.

Insbesondere an Radstand (plus 11,3 cm) und Gesamtlänge (plus 12,3 cm) hat sich gegenüber dem Vorgängermodell C207 einiges getan. Auch die Fahrzeugbreite (plus 7,4 cm) und Spurweite (plus 6,7 cm vorne, plus 6,8 cm hinten) verraten deutlich, dass hier nicht wie bisher eine C-Klasse mit E-Klasse-Blechkleid steht, so wie in den 20 Jahren zuvor.NAIAS2017_Blog_081

Design

Der E-Klasse-Vorgänger der Baureihe 212 – noch aus der Feder von Peter Pfeiffer – war ein von Beginn an recht kantiges Auto mit einer rückblickend etwas schrullig wirkenden Reminiszenz an die alten Ponton-Mercedes: den „Hüftschwung“ um den hinteren Radlauf, den die Limousine zur Modellpflege ablegte, das E-Coupé der Baureihe 207 jedoch noch bis zum Schluss haben sollte.

Das Gesicht des „gemopften“ 212 und 207 wurde von Gorden Wagener zwar bereits sehr geschickt und harmonisch an den späteren 213 und 238 angeglichen, aber gerade die Seitenlinie beim alten Coupé wirkt jetzt eher schlecht gealtert. Gerade auch, weil insbesondere der 238, also das neue E-Klasse-Coupé, stark aufgeräumt und clean in der Seitenansicht daherkommt. Sogar noch wesentlich glatter als die Limousine und die große Schwester, das S-Klasse-Coupé der Baureihe 217.

NAIAS2017_Blog_144NAIAS2017_Blog_114Dessen „Dropping Line“, also die Lichtkante von den Scheinwerfern bis zum hinteren Radhaus, strecken die Karosserie optisch. Das E-Coupé hat hingegen erstmals eine weich anmutende Schulterlinie, wie man sie bislang nur vom GLC oder von der Studie „Concept EQ“ kennt. Gut möglich, dass wir hier die nächste Evolutionsstufe des Wagenerschen Karosseriedesigns sehen: die „sinnliche Klarheit“ scheint gerade noch etwas klarer zu werden, während etwa Audi auf dem Nachbarstand den Weg zur „sinnlosen Grobheit“ für sich entdeckt hat.

Die neue, glatte Fahrzeugflanke hat den Effekt, dass das neue E-Coupé trotz seiner deutlich längeren Karosserie im Vergleich zum Vorgänger gedrungener wirkt. Die streckende Wirkung der „Dropping Line“, die von schräg vorne betrachtet bei S-Klasse-Limousine und Coupé obendrein eine „Forced Perspective“ begünstigt, entfällt. Das tut der noblen Erscheinung freilich keinen Abbruch. Im Gegenteil: das neue E-Coupé wirkt aufgeräumter und unaufgeregter.

Ein Unterscheidungsmerkmal in der Frontansicht zwischen Limousine und Coupé sind die bei letzterem serienmäßig ausgeformten Powerdomes auf der Motorhaube, die ihren Ursprung beim legendären Flügeltürer W198 haben.

Damals technisch bedingt durch die sehr flache Bauweise und den knapp bemessenen Platz über dem schräg verbauten Reihensechszylinder. Friedrich Geiger machte aus der mechanischen Not eine gestalterische Tugend, fügte der Haube eine Ausbeulung hinzu und spiegelte diese entlang der Längsachse. So entstanden die markanten, parallel verlaufenden Wölbungen aka Powerdomes, die seither in vielen modernen Sportwagen mit Stern zitiert wurden: vom SLK R170 bis hin zu den aktuellen AMG-Boliden. Die serienmäßigen Wölbungen beim E-Klasse-Coupé sind dennoch anders gestaltet als die scharfkantigeren  „Stirnrunzeln“ auf dem aktuellen E 63.

NAIAS2017_Blog_085Wermutstropfen für mich bleibt die Frontschürze mit der schon aus anderen Baureihen bekannten Inszenierung einer sich über die gesamte Fahrzeugbreite erstreckenden Ansaugöffnung, die jedoch mangels tatsächlicher Funktion bei den Nicht-AMG-Modellen von einer – bei der E-Klasse besonders auffälligen – „Fußmattenstruktur“ ausgefüllt wird. Vielleicht habe aber auch nur ich diese nonchalante Assoziation.

CLK der Baureihe 208Der Rest ist in meinen Augen uneingeschränkt gelungen. Hätte ich einen Wunsch frei, dann würde ich mir die Ausstattungsvariante „Exclusive-Grill“ mit Haubenstern auch für das Coupé wünschen, so wie es zuletzt beim CLK der Baureihe 208 der Fall war.

Wenn Limousinen heute ganz selbstverständlich mit Coupéfront konfiguriert werden können, dann sollte das umgekehrt auch möglich sein. Vermutlich stehe ich aber mit meinem Wunsch ziemlich alleine da, sonst würde das sicher längst angeboten werden.

NAIAS2017_Blog_072Klares Unterscheidungsmerkmal zur Limousine bleibt – neben dem Mangel an Türen ;-) – das Heck. Seinen gestalterischen Ursprung mit den markant horizontal ausgerichteten Rückleuchten hat es aus heutiger Sicht wohl schon beim alten SLS (C197) und wird in seit dem S-Klasse-Coupé (C217) durch alle Coupés und Cabrios inklusive der Crossover-Modelle (GLE/GLC Coupé) durchkonjugiert.  Jetzt also auch im E-Klasse-Coupé, das sich bislang in der Heckgrafik eher an der Limousine orientierte.

Die Baureihe 238 übernimmt lediglich den glitzernden „Stardust“ von ihren Schwestermodellen, bietet aber darüber hinaus eine neue Spielerei als Welcome-Funktion: beim Aufschließen des Fahrzeugs glimmen die Heckleuchten von der Fahrzeugmitte nach außen hin auf.

Kritikpunkt Dreiecksfenster

Ein Gestaltungsdetail, an dem manch einer nach Veröffentlichung der ersten Pressebilder Anstoß genommen haben mag, ist der kleine Steg in den hinteren Seitenfenstern, den es auch schon beim Vorgänger C207 gab. Sind die rahmenlosen Fenster geöffnet, was bei einem Coupé ohne B-Säule stets ein Hingucker ist, da sich die Dachlinie quasi freischwebend über den Insassen präsentiert, bleibt beim neuen E-Klasse-Coupé im Bereich der C-Säule ärgerlicherweise ein starres Dreiecksfenster übrig.

Grund dafür ist ein Kompromiss, der mit den Proportionen von Radstand und Radgröße zu Höhe der Schulterlinie und der Länge des „Greenhouse“ (Fahrgastzelle) zu tun hat. Die hintere Seitenscheibe wäre sonst sowohl beim 207 als auch beim 238 nicht vollständig versenkbar in der Seitenwand oberhalb des Hinterrades. Da das Greenhouse in einem schönen Coupéschwung weit nach hinten auslaufen und die C-Säule trotzdem nicht zu breit werden soll, wird das Fenster mit nach hinten gezogen, aber eben unterteilt. Es gewinnt dadurch auch zusätzlich an Stabilität und Schwingungsresistenz.

Bei den älteren CLK-Vorgängermodellen wurde das über ein kleineres Greenhouse (C209) oder eine für ein echtes Coupé eigentlich störende B-Säule (C208) „gelöst“. Insofern ist dem neuen C238 hier nichts vorzuwerfen.

Interieur

Das wichtigste, das man zum Interieur des E-Klasse-Coupés sagen kann ist, dass es sich quasi nicht von der Limousine unterscheidet. Und das ist für ein Coupé ein Kompliment, weil es sich vor allem auf das Platzangebot im Fond bezieht.

Weil das Coupé diesmal von der Limousine abstammt und nicht von der kleineren C-Klasse, wächst der Beinraum im Fond um immerhin 7,4 cm im Vergleich zum Vorgänger. Auch in allen anderen Dimensionen legt der Innenraum für alle Insassen um einige Zentimeter zu. Insbesondere die Fondpassagiere haben fortan wohl kaum Grund zur Platzangst. ;-)

NAIAS2017_Blog_090Neben den für Mercedes-Coupés seit dem C126 von 1981 bekannten elektrischen Gurtbringern für Fahrer und Beifahrer bietet der C238 ein paar weitere Unterscheidungen zur Limousine. Am augenfälligsten sind die anders gestalteten Lüftungsdüsen. Das mag – je nach Geschmack – noch nicht gleich den Neid der Limousinenfahrer auf sich ziehen. Ein anderes Detail aber wohl schon: im C238 wird es erstmals möglich sein, auch die untere Mittelkonsole in offenporigem Holz zu bestellen. Bislang kam die Oberfläche außer bei den AMG-Modellen zwangsweise in schwarzer Klavierlackoptik daher, völlig unabhängig von der sonstigen Ausführung der Zierelemente. Wie wir hörten wird diese Malaise aber auch bald in der Limousine ein Ende finden.

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Die Modellpflege des GLA (X156)NAIAS2017_Blog_074

Ein Fahrzeug, das tatsächlich erst in Detroit enthüllt wurde und nicht schon vorab im Netz, dessen Design aber auch wenig überraschend daherkommt, ist die Modellpflege des Kompakt-SUV GLA. Auch hier schicke ich etwas voran, das ich schon im Livestream von der Messe erwähnt habe: ich finde den GLA sehr gelungen!

Als Alltagsauto bräuchte ich ihn nicht, als künftigen Klassiker und als „Skulptur“ finde ich ihn exzellent und würde ihn auch deshalb jedem anderen Fahrzeug aus diesem Segment vorziehen.

Dass das Design ziemlich – pardon – geil ist, wissen offenbar auch die Produkt-Strategen beim Daimler. Entsprechend zurückhaltend ist die Modellpflege ausgefallen, trotzdem recht umfangreich im Detail.

Neue LED-Scheinwerfer, neue LED-Rückleuchten mit Multilevel-Funktion (jetzt ebenfalls mit „Sternenstaub“ Glitzereffekt wie in der E-Klasse), neue Stoßfänger, Nebelscheinwerfer, ein leicht aufgewertetes Interieur und ansonsten jede Menge Änderungen und Aufwertungen im Verborgenen, zu denen ich gleich noch komme.

NAIAS2017_Blog_111Besonders gefeiert habe ich in Detroit die neue Farbe „canyonbeige“ am GLA Mopf und habe sie mehrfach als Renaissance des kultigen „ikonengold-metallic“ der 1970er Jahre gelobt. Das ist leider nicht ganz korrekt: die Farbe ist am GLA zwar neu, war aber bereits schon einmal vor der Modellpflege für die A-Klasse W176 erhältlich. Damals allerdings nur in einer Sonderedition.

NAIAS2017_Blog_056Nun aber zu den neuen inneren Werten des GLA. Erstmals ist der Kofferraumboden abschließbar! Wie es zu diesem Feature ausgerechnet im Kompakt-SUV kommt, lässt sich nur vermuten. Wer es braucht, wird sich freuen! Dass sich aber der Heckdeckel nun erstmals via HANDS-FREE ACCESS öffnen lässt, also dem Kick unter den Kofferraumboden bei KEYLESS-GO, wird hingegen viele ärgern. Und zwar bei der Konkurrenz, denn dieses Feature hat in seinem Segment nur der GLA!

Sehr nützlich dürfte auch die für den GLA neue 360°-Kamera sein, die den X156 in seinem Segment ebenfalls einzigartig macht. Wer sie jemals benutzt hat, etwa in C, E oder S-Klasse, wird nicht mehr ohne sie wollen!

Unter der Haube des GLA eingezogen ist nun auch erstmals der 184 PS starke 220er Benziner, der die Lücke zwischen 200er und 250er schließt.

Das Interieur wurde in Details aufgewertet, etwa durch neue Chrom-Zierelemente und weitere Optionen für die Innenausstattung.

Insgesamt konnte der Luftwiderstand des GLA weiter gesenkt werden – von 0,29 auf 0,28. Erreicht wurde dies mit zahlreichen Detailverbesserungen bei der Luftführung ringsum, aber vor allem durch Optimierungen der Unterbodenverkleidung bis hin zur Anströmung der Endschalldämpfer. Das beeinflusst nicht nur den Verbrauch (wenngleich auch nur im Nachkommastellen-Bereich), sondern durch Optimierungen etwa an der A-Säule und an den Außenspiegelgehäusen auch den Geräuschkomfort der Insassen.

Der neue GLA 45 4MATIC

Das Spitzenmodell des Kompakt-SUVs bleibt seiner liebenswerten Schizophrenie treu. Die im Vergleich zur A-Klasse höherliegende Karosse des GLA wird von AMG mit allerlei Mitteln wieder Richtung Fahrbahn gedrückt. Der optische Aufwand dafür ist beinahe vergleichbar mit dem Auftritt eines GT3-Rennwagens: mehr Abtrieb am Dach durch einen markanten, starren Heckflügel und diverse andere echte wie scheinbare Aerodynamikmaßnamen ringsum sollen eine sattere Straßenlage im Vergleich zum Serien-GLA ermöglichen. Aber warum dann überhaupt GLA?

NAIAS2017_Blog_112Rational erklärbar ist das alles sicher nicht, aber emotional nachvollziehbar und irgendwie auch geil ist es schon. Wer noch nie Turnschuhe im Büro getragen hat, der werfe den ersten Stein! OK, es sind ziemlich hochhackige Turnschuhe…

NAIAS2017_Blog_149Am Mopf des 45ers auffällig sind die Lamellen in den seitlichen Lufteinlässen an der Front, die das Fahrzeug schon rein optisch in ungeahnte Geschwindigkeitsbereiche katapultieren – bei optimaler Kühlluftzufuhr, versteht sich.

Erwähnenswert ist dabei auch das als eingesetzter Heckdiffusor neu gestaltete Zierelement im hinteren Stoßfänger, sowie neu gestaltete Flics.

Sehr zu begrüßen: die ehemals optional erhältlichen LED High Performance Scheinwerfer sind beim GLA 45 nun Serie. Sie ersetzen in der gesamten GLA-Familie auch die bisher optional erhältlichen Bi-Xenon-Scheinwerfer.

NAIAS2017_Blog_073NAIAS2017_Blog_051NAIAS2017_Blog_050Yellow Night Edition

Ihr habt schon während der Livestreams danach gefragt: die markante schwarz-gelbe „Kriegsbemalung“ des neuen GLA-Mopf ist ab sofort für alle 45er-Motorisierungen der MFA-Derivate zu haben und nicht limitiert. Sowohl A 45, CLA 45, CLA 45 Shooting Brake und eben auch der GLA 45 können in der Yellow Night Edition geordert werden, die die Lackfarben nachtschwarz oder cosmosschwarz mit gelben und graphitgrau-matten Zierelementen kombiniert.

Auch das Interieur erhält gelbe Akzente an Sitzen und Lenkrad, an der Instrumententafel, an den Bordkanten (nur beim CLA 45 4MATIC) und Armauflagen. Weitere Highlights sind die Einstiegsleisten in Graphitgrau mit gelbem AMG Logo, sowie die gelben Luftaustrittsdüsen.

Serienmäßig zur Yellow Night Edition gehört auch das Aerodynamik-Paket (also u.a. der markante Heckflügel und die Flics), das Night-Paket, die Ambientebeleuchtung, die Performance Sitze mit Memory Funktion sowie das AMG Performance Lenkrad mit gelber Geradeaus-Markierung, eine Lenkradblende in Silberchrom mit „AMG Edition“ Plakette und gelben Kontrastziernähten.

Neues Modelljahr und mehr R-Gene für die gesamte AMG-GT-Familie

Die Leistungsabgabe des 4,0-Liter-V8 wird weiter gesteigert. Das „Basismodell“ AMG GT erhält 10 Extrapferde Leistung und kommt damit nun auf 476 PS, der GT S wird um 12 auf 522 PS leistungsgesteigert. Optional ist für letzteren nun auch die mitlenkende Hinterachse aus GT R und GT C verfügbar!

NAIAS2017_Blog_128Edition 50

Einer der Hingucker schlechthin dürfte für die Besucher der NAIAS 2017 zweifellos der neue Mercedes-AMG GT C in der „Edition 50“ gewesen sein. Gut möglich, dass der britische MI6 demnächst einige Testfahrzeuge für seinen berühmtesten Mitarbeiter ordert. Das 557 PS starke Geschoss in designo graphitgrau magno wäre eine exzellente Alternative zum Dienst-Aston.NAIAS2017_Blog_094Der „kleine Bruder“ des GT R hat viele technische Gimmicks mit ihm gemein. Das ist unter anderem die breitere Spur, die serienmäßig mitlenkende Hinterachse, das thermisch optimierte Heck, das serienmäßige, elektronisch geregelte Hinterachs-Sperrdifferenzial.

NAIAS2017_Blog_123Der GT C debütiert in einer Sonderedition anlässlich des 50. Jubiläums von AMG mit zwei exklusiven Lackierungen: in designo graphitgrau magno oder designo kaschmirweiß magno, jeweils mit Applikationen in Chrom schwarz, auf die auch die Schmiederäder im Kreuzspeichendesign abgestimmt sind.

Das Interieur wird von schwarz und silber dominiert. Wirklich grandios wirken die Nappaledersitze in silber pearl/schwarz, auf die auch das restliche Interieur inklusive der silbernen Sitzgurte abgestimmt ist.

NAIAS2017_Blog_126Panamericana-Optik für alle

Nachdem der SL der Baureihe 231 Ende 2015 mit seiner Modellpflege optisch näher an den AMG GT gerückt war und es mittlerweile auch ein Cabriolet in der GT-Familie gibt, war es offenbar nötig geworden, in den Frontansichten ein wenig stärker zwischen den beiden Familien der sportlichen Zweisitzer zu differenzieren.

NAIAS2017_Blog_082Alle GT erhalten daher einen Kühlergrill wie der GT R oder GT3, also mit vertikal angeordneten Leisten statt der bisherigen horizontalen Doppelspange. Dieses Design geht zurück auf einen besonderen Rennwagen der 1950er Jahre, nämlich den 300 SL „Carrera Panamericana“ (W 194).

Ich gebe zu: es kann zu Haarwurzelschmerz führen, wenn man näher darüber nachdenkt, warum der GT nun serienmäßig ein klassisches SL-Merkmal erhält, um sich künftig optisch stärker vom SL zu unterscheiden.

NAIAS2017_Blog_143Der aktuelle SL jedenfalls, also die Baureihe 231, bleibt bei ihrer horizontal ausgerichteten Chromspange in ihrem eigenen – Achtung! – Panamericana-Grill. Dort bezieht sich „Panamericana“ aber lediglich auf die Form der Luftöffnung, nicht auf die Chromspeichen davor…

Das nerdige Dilemma lässt sich vielleicht so auflösen: der SL ist eben nicht mehr länger ein wirklicher Rennwagen, der GT hingegen schon. Wenn der Panamericana-Grill also ein Rennsportmerkmal ist, dann hat es der Affalterbacher Bolide eher verdient als das Bremer Luxus-Cabriolet. Macht Sinn, oder?

Eine kleine Meckerei habe ich dennoch: das alte Kühlerdesign bot eine optisch erheblich bessere Integration der Ultraschall-Parksensoren sowie der meiner Meinung nach ohnehin überflüssigen AMG-Plakette. Im luftigen Panamericana-Raster wirken sie jetzt wie Fremdkörper.

NAIAS2017_Blog_121Familienübergreifend intelligentere Kühlung

Das Modelljahr `17/1 bringt auch weitere technische Verbesserungen für die Porschekiller aus Affalterbach: der Hauptwasserkühler ist in den Bug gewandert und der Motorölkühler in die Radläufe. Dafür wurde auch die Kühlluftführung an der neu gestalteten Frontschürze schlauer dank AIRPANEL, das nun alle Straßen-GT vom Spitzenmodell GT R erben.

Elektrisch verstellbare, senkrechte Lamellen in der zentralen unteren Luftöffnung der Frontschürze können je nach Kühlungsbedarf der Aggregate in rund einer Sekunde automatisch geöffnet und geschlossen werden. Die Regelung erfolgt vollautomatisch.

Gibt es keinen besonderen Kühlluftbedarf sind die Lamellen geschlossen, um den Luftwiderstand zu reduzieren und die Luft gezielt in Richtung Unterboden zu lenken. Das verbessert die Aerodynamik. Erst wenn bestimmte Komponenten bestimmte Temperaturschwellen überschreiten, öffnen die Lamellen und lassen den kühlenden Fahrtwind ungehindert zu den Wärmetauschern strömen.

Im Hauptquartier des GeneralsNAIAS2017_Blog_100

Worauf ich mich nach dem ersten Pressetag am meisten gefreut habe, war der Besuch in der Konzernzentrale von General Motors.

Aus Sicht eines eingefleischten Mercedes-Markenfans quasi „Feindesland“. Umso erstaunlicher, dass unser Dinner hoch oben im 72. Stock des Rennaisance Center (Sitz der GM Headquarters) offizieller Programmpunkt seitens Mercedes war, und das nicht zum ersten Mal.

NAIAS2017_Blog_098Schon traditionell lädt der Daimler seine Gäste dorthin ins „Coach Insignia“ ein, was letztlich auch nicht weiter verwunderlich ist. Das geräumige, ehemalige Dreh-Restaurant in der Spitze des zentralen Wolkenkraters des „RenCen“ ist nicht nur eines der besten der Stadt, es bietet in jedem Fall den allerbesten Blick auf selbige!

NAIAS2017_Blog_101Schon der Weg dorthin ist atemberaubend. Das „RenCen“ ist öffentlich zugänglich, die Architektur im Inneren (derzeit halbverhüllt wegen Bauarbeiten) kommt Cineasten zu Recht sehr bekannt vor, denn es diente schon unzähligen Filmen als Location.

Die Flussansicht ist majestätisch, die Express-Aufzugfahrt abenteuerlich, die Aussicht von ganz oben göttlich. Einmal die Welt aus den Augen derer sehen, die einen Teil dieser Welt – zumindest die Autowelt – einst unangefochten regiert haben, und zwar aus diesem Kastell aus insgesamt sieben Wolkenkratzern heraus, in dessen höchstem wir uns hier gerade befinden.

Mit einer Millionenmetropole zu Füssen, die ohne „den General“ so nicht existieren würde, aber auch mit ihm alleine nicht mehr prosperieren kann.

NAIAS2017_Blog_104Seine Rede zum Neujahrsempfang begann Dr. Zetsche mit einem ganz anderen Blick auf Detroit. Dem aus Augenhöhe.

Ein Neuanfang, der schon überall in kleinen Keimzellen eingesetzt habe, sei heute schon zu beobachten. Kunst, Kultur, Dienstleistung, Bildung, Vernetzung und vor allem Gründergeist. Das sollte auch die Großen der Autoindustrie weiter antreiben, wollen sie nicht untergehen. Von einer Aufbruchsstimmung wie dieser kann auch das gute alte MoTown profitieren, denn Detroit ist nicht nur General Motors, Chrysler und Ford. Es ist auch ein bißchen Daimler ;-)