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Porsche 911 Carrera RSR 2.8

Published in radical-mag.com

Die Bösen

Aber eigentlich ging es ja nur um den RSR. Ein optimales Gerät für den Rennsport sollte geschaffen werden, all die (ersten 500) Carrera RS 2.7 waren nur der Homologation geschuldet. Der RSH war die Basis, mit dem M471 (Sport) und dem M472 (Touring) kam Porsche auf die angestrebte Stückzahl (und dann auch noch weit darüber hinaus), doch das Ziel war von Anfang an eine konkurrenzfähiges Gruppe-4-Gerät gewesen, der Porsche 911 Carrera RSR 2.8. Wobei die Geschichte der insgesamt 55 Exemplare auch irgendwie verwirrlich ist.

Der Produktionaufwand für den RSR war beträchtlich. Zwar lief das Rennfahrzeug vom gleichen Band wie der RS, doch schon im Rohbau wurden die Kotflügelverbreiterungen vorne und hinten um je fünf Zentimeter eingeschweisst. Der Einbau der Antriebseinheit erfolgte dann allerdings nicht im Werk, sondern in der Kundensportabteilung, die damals unter der Leitung von Rolf Sprenger stand. Den RSR gab es nur als Linkslenker in der Deutschland-Ausführung, als Sonderausstattung wurden einzig der Überrollbügel, der 120-Liter-Tank und spezielle Getriebeübersetzungen angeboten. Und der Preis war heftig: Für Umbaupaket M491 verlangte Porsche stolze 25’000 DM.

Die Unterschiede zwischen RSH und RSR waren gross (alle Details gibt es weiter unten*). Beginnen wir mit dem Fahrwerk. Neue vordere Dämpferbeine mit einem 16 Millimeter höheren Achsschenkel erlaubten es, die Karosse des Fahrzeugs tieferzulegen, ohne den Federweg der Drehstabfederung zu verringern. Delrin-Buchsen (oder auch Unibalgelenke) anstatt der Gummigelenke ermöglichten eine exaktere Radführung. Die Stossdämpfer kamen von Bilstein und waren im Gegensatz zu den Stabilisatoren (Durchmesser 18 Millimeter, auf Wunsch auch 20 oder 22 Millimeter) nicht verstellbar; in den Werkswagen verwendete man Federbeine mit einer zusätzlichen, progressiv wirkenden Schraubenfeder (gab es später auch für die Kunden, allerdings nicht aus Titan, sondern aus Stahl). Die axial und radial belüfteten Bremsscheiben sowie die Vierkolben-Bremssättel stammten aus dem Porsche 917. Durch zwei Hauptbremszylinder konnte die Verteilung der Bremskraft vorne/hinten über einen Waagebalken verstellt werden. Vorne wurden 9-Zoll-, hinten 11-Zoll-Fuchs-Alufelgen montiert.

Durch die Erweiterung der Bohrung auf 92 Millimeter (bei gleichbleibendem Hub von 70,4 Millimeter) stieg der Hubraum auf 2807 cm3; die Massnahme erforderte andere Zylinder und Kolben. Das Verdichtungsverhältnis wurde auf 10,3:1 angehoben (auf der Rennstrecke gibt es ja eh kein Normalbenzin), die Zylinderköpfe erhielten einen geänderten Ventilwinkel und grössere Ventildurchmesser. Es gab eine Doppelzündung, die Ein- und Auslasskanäle wurden geglättet, Kurbelgehäuse, Kurbelwelle und Pleuel einer Sonderbehandlung unterzogen, die Stahl-Schwungradscheibe um ein Kilo erleichtert, Kupplungsscheibe und Druckplatte verstärkt. Und der RSR erhielt einen Motorölkühler im Kasten unter der vorderen Stossstange. Das Resultat: 300 PS bei 8000/min (die Motoren streuten alle gegen oben), 294 Nm maximales Drehmoment bei 6300/min. Als Getriebe kam 915 zum Einsatz, immer in Verbindung mit einem 80-Prozent-Sperrdifferntial.

War der Porsche 911 Carrera RSR 2.8 dann auch gut? Oh, ja. Eine Aufzählung aller Rennerfolge würde auch den Rahmen dieser sehr grosszügig angelegten Berichterstattung sprengen, wir werden aber die wichtigsten Siege bei den jeweiligen Chassisnummern anfügen. Und um das alles noch ein wenig unübersichtlicher zu machen, fügen wir eben diese aller 55 RSR jetzt hier an: 0307, 0328, 0386, 0557, 0576, 0588, 0601, 0610, 0614, 0636, 0643, 0659, 0686, 0701, 0705, 0714, 0727, 0755, 0756, 0760, 0782, 0784, 0785, 0791, 0817, 0837, 0847, 0853, 0865, 0871, 0885, 0894, 0915, 0921, 0940, 0960, 0974, 0991, 0997, 1008, 1033, 1045, 1054, 1088, 1099, 1113, 1134, 1155, 1159, 1183, 1196, 1329, 1497, 1521, 1549. (Unterstrichen bedeutet: bereits in unserer Sammlung aller Porsche 911 Carrera RS zu finden, also: hier).

Änderungen Rennversion M491 gegenüber RSH:

Karosserie:
Kotflügelverbreiterungen vorne und hinten aus Stahl; Ölkühlerschacht mit Kühlluftabführung; Überrollbügel M420; Feuerlöschanlage; Bodenblech im Pedalbereich geändert, Einschweissteil; Karftstofftank 110 Liter; Hosenträgergurten Fahrerseite; Rennsitz für Fahrer, Leichtbausitz mit starrer Lehne für Beifahrer; Drehzahlmesser bis 10’000/min; Domstrebe, Verstärkungen für Stabi-Lager und Federstrebenlager; Haubenzugrohre, sämtliche Böckchen für Teppichbefestigung und Halter für Verkleidungen sowie Dämmstreifen im Dach entfallen; Batteriehauptschalter; Benzinpumpenhalter entfällt; vorderes Deckelschloss und Haubenzug entfallen, dafür zwei Haubenhalter.
Fahrwerk:
Drehstäbe vorne 19 mm Durchmesser, hinten 26 mm Durchmesser; verstellbare Stabilisatoren vorne 18 mm Durchmesser (auf Wunsch 20 oder 22 mm), hinten 18 mm Durchmesser; Bilstein-Stossdämpfer: Sporteinstellung vorne V8, hinten H8; Lagerung der Querlenker: vorne Delrin-Buchsen, hinten Unibal; Aufnahmebock für Stabilisator und Haltenase für Kugelgelenk am Querlenker zusätzlich verschweisst; verstärkte Stahl-Schräglenker mit Radlager 80 mm Durchmesser; zwei Hauptbremszylinder (vorne 17 mm Durchmesser, hinten 22 mm Durchmesser) mit Waagebalkenausgleich; Bremsscheiben 917, Vier-Kolben-Bremssättel Typ 917, zwei Bremsölbehälter; Bereifung vorne: 9 Zoll-Fuchs-Felgen mit 230/600 15 CR 88, hinten 11-Zoll-Fuchs-Felgen mit 260/600 15 CR 88, Dunlop; Stützstrebe, Abstützung der Dämpferlager nach Muster; Radbolzen, Stahlmuttern; Distanzscheiben (7 mm) entfällt; Exzenter zur Sturz- und Spureinstellung mit Aussensechskant.
Getriebe:
5-Gang-Getriebe 915.300/08 mit Ölpumpe und Sperrdifferential M220 (80 Prozent); Getriebeölkühler (Schlange im Kotflügel vorne links).
Motor:
Motor Typ 911/72, Zylinder und Kolben mit Bohrung 92 mm, Hub 70,4 mm; Verdichtungsverhältnis 10,3:1; bearbeitetes Kurbelgehäuse (Gehäusestiftschrauben aus Dilavar mit Glasfaser überzogen, Hauptlagerstege poliert); speziell geprüfte Serien-Kurbelwelle; Schwungscheibe um 1 Kilo erleichtert; polierte und erleichterte Pleuel gewogen; Einlassventile 49 mm Durchmesser, Auslassventile 41,5 mm Durchmesser (beide natriumgefüllt), geänderter Ventilwinkel, bearbeitete Kanäle; vierfach gelagerte Nockenwellen, Steuerzeiten wie beim 906; Steuerkette Sportausführung; Doppelzündung (zwei Zugschalter neben dem Zündschloss); Einspritzanlage mit geändertem Drosselklappengehäuse und angepasster Raumnocke; Auspuff ohne Wärmetauscher, Krümmer 43 mm Durchmesser; Kupplungsscheibe und Druckplatte verstärkt; Kühlgebläse mit Gebläserad 225 mm Durchmesser (anstatt 245 mm Durchmesser); Motoröltank; zwei Benzinpumpen beim Sicherheitstank, Befestigung am Zündspulenhalter.

Der Beitrag Porsche 911 Carrera RSR 2.8 erschien zuerst auf radicalmag.