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Ferrari 365 GTB/4 Competizione

Published in radical-mag.com

Unfreiwillig

Ferrari war durchaus bewusst, dass der 365 GTB/4 nicht wirklich zum Rennwagen taugte. Da war einerseits da viel zu hohe Gewicht von 1,6 Tonnen, andererseits die viel zu schwachen Bremsen (die schon für den Betrieb auf den öffentlichen Strassen unterdimensioniert waren). Man scheute in Maranello den Aufwand, den «Daytona» rennfertig zu machen – und er wäre wohl auch nie auf den Rennstrecken aufgetaucht, hätte nicht wieder einmal Luigi Chinetti, Ferrari-Importeur in den USA und Chef des N.A.R.T-Teams darauf beharrt. Ihm fehlte nach den wieder einmal ziemlich überraschenden Reglementsänderungen für 1968 ein Gerät, das er seinen Privat-Kunden verkaufen konnte, also bestellte er in Maranello einen 365 GTB/4 mit Alu-Karosse. Dieser Wunsch wurde ihm im Frühling 1969 vom Werk auch erfüllt, das Fahrzeug mit der Chassisnummer #12547 erhielt ausserdem noch einen Schnelltankverschluss und eine Airbox anstelle des üblichen Luftfilters.

Doch anscheinend war Ferrari ziemlich unwohl bei diesem Gerät: die Italiener lieferten es gar nicht erst an Chinetti aus. Der muss einigermassen sauer gewesen sein, denn er reiste persönlich nach Maranello, bezahlte cash, und fuhr den Wagen auf Achse nach Le Mans. Und schickte ihn ohne weitere Vorbereitungen in ein Trainingsrennen. Das beendete der «Competizione» nach einem Unfall zwar nicht, aber er wurde immerhin mit einer Höchstgeschwindigkeit von 305 km/h gemessen. Interessant ist dabei aber: #12547 war gar nicht der erste Renn-Daytona, anscheinend hatte Ferrari selber schon vorher ein bisschen experimentiert an der Chassisnummer #12467. Doch dieses Fahrzeug, noch mit Stahl-Karosserie, wurde dann erst 1971 offiziell zum Rennfahrzeug erklärt.

Damit der Daytona aber bei den GT starten konnte, mussten zuerst 500 Exemplare gebaut werden, ansonsten hätte er gegen Porsche 917, Ford Gt40 und den eigenen Ferrari 512 S antreten müssen. Erst 1971 war es so weit, und Ferrari baute eine erste Serie von «Competizione» – erstaunlicherweise nicht in der Rennabteilung, sondern im Kundenservice-Center. Diese fünf ersten Exemplare verfügten alle über eine Karosserie aus Alu – und wurden sonst nicht grossartig verbessert. Zu erkennen sind sie an der fehlenden Stossstange und neuen Abdeckungen über den Doppelscheinwerfern. Zu dieser ersten Serie gehören #14407 (ausgeliefert an Charles Pozzi, Klassensieg in Le Mans 1974), #14429 (ausgeliefert an Paolo Mariani, nie bei Rennen eingesetzt), #14437 (ausgeliefert an Georges Filipinetti, gehört unter anderem Clint Eastwood), #14485 und #14889.

1972 wurde dann eine zweite Serie aufgelegt, wieder fünf Fahrzeuge: #15525 (ausgeliefert an Georges Filipinetti, schaffte 1972 in Le Mans den siebten Gesamtrang), #15373 (wurde 1972 in Le Mans Achter), #15667 (ausgeliefert an Charles Pozzi, der erfolgreichste «Competizione», Fünfter in Le Mans 1972, Sieg bei der Tour de France), #15681 (ausgeliefert an Ronnie Hoare) und #15685. Diese Fahrzeuge besassen nur noch Türen und Hauben aus Leichtmetall, erhielten dafür wilde Verbreiterungen für fettere Räder.

Bei der dritten Serie von 1973 bestand dann die ganze Karosse wieder aus Stahl; die Verbreiterungen blieben erhalten. Erstmals wurde aber auch der Motor deutlich überarbeitet, die Verdichtung auf 9,9:1 erhöht, geschmiedete Pleuel sowie veränderte Kolben und Nockenwellen einbaut, was die Leistung des 4,4-Liter-V12 auf etwa 450 PS bei 8500/min erhöhte. Vier statt zwei Benzinpumpen sorgten für eine bessere Benzinversorgung der Maschine, endlich wurden auch die Bremsen angepasst (deutlich grössere Scheiben), was den 365 GTB/4 C dann wirklich renntauglich machte. Wieder wurden fünf Exemplare gebaut: #16343 (ausgeliefert an Luigi Chinetti, fuhr bis 1981 Rennen), #16363 (ausgeliefert an Charles Pozzi, Klassensieg in Le Mans 1973), #16367 (ausgeliefert an Luigi Chinetti), #16407 (ausgeliefert an Luigi Chinetti, fuhr drei Mal in Le Mans, später im Besitz von David Carradine) und #16425 (ausgeliefert an Jacques Swaters von der «Ecurie Francorchamps»).

Neben diesen «offiziellen» Competizione gibt es noch acht weitere Daytona, die von Ferrari als zeitgenössische Umbauten akzeptiert werden, #13367, #13855, #14065, #14107, #14141, #15965 und #16717. Selbstverständlich kursieren weitere «Competizione» mit teils sehr abenteuerlichen Geschichten wie etwa dieser #14115, der anscheinend als Competizione bestellt wurde, aber nie seiner Bestimmung zugeführt wurde.

Naja, könnte durchaus auch sein, dass hier eine nachträgliche Wertsteigerung angedacht war, denn die Renn-Daytona bringen doch deutlich mehr Geld als ein «gewöhnlicher» 365 GTB/4. Dessen Geschichte erzählen wir – mit vielen Bildern – hier, natürlich haben wir auch schon etwas zum Spider geschrieben, hier. Und mehr Ferrari, viel mehr Ferrari gibt es in unserem Archiv; eine Zusammenfassung aller Stories, die wir bisher zum 70. Geburtstag der Marke verfasst haben, findet sich hier.

Der Beitrag Ferrari 365 GTB/4 Competizione erschien zuerst auf radicalmag.