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Streber auf Speed: 354 PS machen Schluss mit der Langeweile in der Audi-Mittelklasse

Published in motosound.de

Perfekt bis zur Langeweile, aalglatt, viel zu gut angezogen und irgendwie ohne Seele – dem neuen A4 geht es wie den Strebern in der Schule: Jeder bewundert ihn und trotzdem kann ihn kaum einer so richtig gut leiden. Aber damit soll jetzt Schluss sein. Denn nun starten die Bayern zur Charme-Offensive und kämpfen mit Leistung gegen Langeweile: Wenn sich zum Ende des zweiten Halbjahres der neue S4 bereit macht, lassen 354 PS die Herzen doch ein bisschen höher Schlagen und bringen den Puls auf Touren. Der Preis beginnt dann bei 59 300 Euro für die Limousine und 61 150 Euro für den Kombi.

Wie schon in der letzten Generation fährt auch der neue S4 mit einem V6-Turbo. Allerdings hat Audi das Dreiliter-Triebwerk gründlich überarbeitet und dabei noch einmal fast zehn Prozent mehr Leistung mobilisiert. Statt 333 stehen jetzt 354 PS im Datenblatt und die füllige Drehmomentkurve hat von 1 370 bis 4 500  Touren ein 500 Nm hohes Gipfelplateau.

Damit entwickelt der S4 einen Punch wie der selige Muhammed Ali – und zwar in jeder Lebenslage. Egal, welche der acht Fahrstufen die Automatik gerade vorsortiert hat: Kaum fällt ein schwerer Schatten aufs Gaspedal stürmt der Streber los, als hätte der Klassenlehrer zum Rapport gerufen. Mit 4,7 Sekunden für die Limousine und zwei Zehnteln mehr für den Kombi knackt der S4 beim Standardsprint erstmals die Fünf-Sekunden-Marke, überholen wird zum Kinderspiel und die Limitierung bei 250 km/h erscheint willkürlicher denn je.

Während der Biedermann dem Rausch des Rasens erliegt, sitzen die Passagiere in dünnen Sportsesseln mit spürbar mehr Seitenhalt und lassen sich die Ohren kitzeln von einem Sound, der wenigstens ein bisschen kerniger und kehliger klingt als bei den Serienmodellen. Vielleicht nicht gerade Heavy Metal, aber zumindest ein harter, ehrlicher Rock wie beim Schulfest nach Mitternacht.

Aber auch als Sprinter bleibt der S4 ein Streber und die Bayern sind stolz auf die Effizienz ihres Sportlers. So haben sie nicht nur den Normverbrauch auf 7,3 Liter bei der Limousine und 7,5 Liter beim Kombi gedrückt, sondern auch ein Effizienz-Programm aufgespielt, das sogar zum Lupfen des Gasfußes motivieren will. Und wenn man den rechten Fuß diesseits von 160 km/h tatsächlich hebt, geht der Motor automatisch in den Freilauf.

Der S4 fährt nicht nur schneller, sondern auch schärfer: Gute zwei Zentimeter tiefer auf der Straße, das Fahrwerk strammer abgestimmt, die Lenkung etwas direkter, das Schaltprogramm der Automatik aggressiver und die Fahrprofile auf dem „Drive Select“-Schalter weiter gespreizt – zusammen mit dem etwas hecklastiger ausgelegten quattro-Paket wird der Perfektionist so tatsächlich zum Pulsbeschleuniger, mit dem man leidenschaftlich zum Kurvenräubern über die Landstraßen fliegen oder im Autobahnkurier über die linke Spur stürmen kann.

Er klingt fülliger, er fährt besser und bei entsprechend flotter Handhabe schießt auch der Puls in die Höhe. Doch auch als Sportler bleibt der A4 ein Streber, dem Perfektion über alles geht und der bloß nicht über die Strenge schlagen will. Deshalb sind die Design-Modifikationen eher marginal, das Fahrwerk bietet reichlich Restkomfort und natürlich bleibt das Spitzentempo auf 250 km/h limitiert. Aber keine Sorge: Nächstes Jahr gibt’s auch einen neuen RS4, für den Audi eine andere Rolle ins Klassenbuch geschrieben hat: Als Punk mit Power darf er dann hoffentlich alle Konventionen brechen.